Schönheit in Gefahr

Donald Trump verfügt die bisher größte Beschneidung von US-Naturschutzgebieten

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei seiner Lieblingsrollen, Lautsprecher und Twitter-König, sollten niemand dazu bringen, Donald Trumps Neigung zur Abrissbirne zu übersehen. Auch da ist der Präsident begabt. Per Federstrich hat er jetzt die größte Schrumpfung von US-Naturschutzgebieten verfügt.

Per Dekret verkleinerte Trump zwei Naturschutzgebiete im Bundesstaat Utah. Um bis zu 85 Prozent soll das nationale Monument Bears Ears (Bärenohren) beschnitten werden, während das Grand Staircase-Escalante um die Hälfte schrumpfen soll. Etwa 8000 Quadratkilometer werden beiden Naturschutzgebieten so entzogen – eine Fläche, fast zehnmal so groß wie Deutschlands größte Insel Rügen. Damit verfügt Trump die bisher drastischste Beschneidung geschützter Flächen in den USA.

Seinen Innenminister Ryan Zinke beauftragte Trump, 27 Schutzgebiete zu prüfen. Es geht darum, den Schutzstatus aufzuheben oder das geschützte Gebiet zu minimieren. Der Wirtschaft sollen so neue Profitquellen bei der Ausbeutung von Rohstoffen erschlossen werden. Zinke jubilierte in erster Erwiderung auf Trumps Auftrag, in den Überprüfungsräumen, zu denen Bears Ears und Grand Staircase-Escalante zählen, lägen »mehrere Milliarden Tonnen Kohle und große Ölvorkommen«.

Die meisten Schutzgebiete gehen auf den Antiquities Act von 1906 zurück, ein Gesetz, das unter Präsident Theodore Roosevelt verabschiedet worden war. Es ermächtigt den jeweiligen Präsidenten, Landstriche im Besitz oder unter Aufsicht der Bundesregierung, die »von historischem oder wissenschaftlichem Interesse« sind, zu nationalen Naturdenkmälern zu erheben. Roosevelt erhob zahlreiche Gebiete in diesen Rang, darunter den Grand Canyon (Arizona) und den »Teufelsturm« in Wyoming. Nachfolgende Präsidenten erteilten weiteren Terrains, oft von atemberaubender Schönheit und in der Regel für die Öffentlichkeit zugänglich, den Ritterschlag. Grand Staircase-Escalante etwa, eine Berglandschaft mit einer Ausdehnung von einer Dreiviertelmillion Quadratkilometern in der Nachbarschaft des Grand Canyon und ein Gebiet, wo spektakuläre Dinosaurierskelette freigelegt wurden, wurde in den 1990ern von Bill Clinton geadelt.

Die »Bärenohren« mit ihren Tafelbergen im Südosten Utahs, die mit Trumps Erlass aufgespalten werden, waren erst vorigen Dezember vom damaligen Präsidenten Barack Obama zum Monument gekürt worden. Es ist nicht nur der erste Fall, in dem ein Präsident einen solchen Erlass eines Amtsvorgängers kassiert. Es betrifft auch das erste Monument, das von Amerikas Ureinwohnern dem besonderen Naturschutz anempfohlen worden war.

In Bears Ears, mit seinen bizarren Felsformationen und Schluchten quasi eine Sächsische Schweiz im Großformat, leben mehrere indianische Stämme, unter anderen die Navajo, die Hopi und die Ute. Auch die archäologischen Stätten und weitere Hinterlassenschaften von oft künstlerischem Rang der indigenen Völker sollten mit der Auszeichnung des Gebiets als Naturdenkmal wertgeschätzt und geschützt werden. Bears Ears beheimatet mehr als 100 000 wertvolle Stätten indianischer Geschichte, darunter traditionelle Töpfereien, Werkzeugsammlungen und uralte Pueblo-Bauten. Vieles davon droht mit Trumps Elefantenauftritt unter die Räder zu kommen.

Vor wenigen Tagen versammelten sich Tausende Bürger in Utahs Hauptstadt Salt Lake City zum Protest gegen Trump und in Solidarität mit den Indianerstämmen. Diese erklärten, dass sie die Entwidmung großer Teile von Bears Ears und Grand Staircase-Escalante für »einen monumentalen Fehler« halten. Ein Bündnis von fünf Stämmen mit Bezug zu den betroffenen Territorien beschloss, sich jeglicher Beschneidung der Monumente zu widersetzen. Stammesführer kündigten an, Trumps Pläne gegebenenfalls auch juristisch zu bekämpfen. Shaun Chapoose, Führer des Ute-Indian-Volks, sagte, wenn die Trump-Regierung dem Raubbau an Bodenschätzen den Vorrang vor Naturschutz und der Bewahrung der Gemeinschaften der Ureinwohner gebe, überschreite sie eine rote Linie. »Dies ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der Beziehungen zwischen der Bundesregierung auf der einen sowie den Indianern und anderen Einheimischen auf der anderen Seite.«

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