Geldwäsche zu hoher See

»Offshore« - Petros Markaris’ jüngster Krimi spielt vor dem Hintergrund der langsam abklingenden Krise in Griechenland

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 3 Min.

Griechenland war seit der Antike ein Volk der Seefahrer. Der Schiffskatalog im zweiten Buch von Homers »Ilias« ist das erste literarische Zeugnis einer großen Flotte. Im 20. Jahrhundert verbinden wir die griechische Seegeltung mit Namen wie dem des Tankerkönigs Onassis. Auch heute gibt es griechische Reedereien, die ihren Sitz aber großenteils in London haben.

Das ist der Ausgangspunkt des neuen Kriminalromans von Petros Markaris. Als es in Athen nacheinander zu drei Morden mit maritimem Hintergrund kommt, ist Kommissar Kostas Charitos aufgerufen, tätig zu werden. Einer der Ermordeten war ein Beamter, der in den Überseeschmuggel von Heroin verwickelt war. Der zweite war ein Reeder, der sich zeitlebens gegen den Umzug von London nach Piräus gesträubt hatte, der dritte ein investigativer Journalist, der den Machenschaften unbekannter Mächte auf der Spur war.

Charitos gelingt durch glückliche Umstände die schnelle Aufklärung der drei Verbrechen. Die Täter laufen fast offen in die Ermittlungen, andere Polizeidienststellen führen dem Kommissar die geständigen Täter zu. Der neu ernannte Polizeivizepräsident, ein Bürokrat ohne praktische Erfahrung, erniedrigt den gewissenhaften Charitos mit den Worten: »Ein blindes Huhn …« Der aber misstraut den schnellen Ermittlungserfolgen, wittert dahinter Fake Crimes, vor allem aber größere Finanzinteressen. Weil er tiefer ermittelt, als es der Polizeispitze in den politischen Kram passt, wird er suspendiert. Ein letzter Zufall bringt ihn dann aber doch wieder auf die Gewinnerstraße. Das ist brillant ausgedacht, sehr kritisch begleitet und spannend zu lesen. Markaris lässt »Offshore« vor dem Hintergrund der langsam abklingenden Krise in Griechenland spielen, eine Entwicklung, die mafiöse Strukturen geradezu einlädt, in diesem schlingernden Land schwarzes in »gutes« Geld zu waschen.

Charitos’ Freund, der Altkommunist Lambrou Sissis, steuert die kapitalismuskritische Begleitmusik bei. Und die ganze, aus vielen früheren Krimis vertraute Familie des Kommissars ist wieder mit von der Partie. Seine Ehefrau Adriani lädt zu kleinen Feiern mit ihren berühmten gefüllten Tomaten ein, seine Tochter Katerina macht als Rechtsanwältin Karriere. Das ganze Personal der von Charitos geleiteten Mordkommission glänzt mit seinen persönlichen Eigenarten, und die Vorgesetzten stören bei den Ermittlungen nur. Das angehängte Personenverzeichnis zurate zu ziehen, ist hilfreich.

Athen ist nun wieder die Stadt der Staus, nachdem viele Griechen ihre während der Krise stillgelegten Autos erneut angemeldet haben. Das menschliche Biotop unterhalb der Akropolis, jüngst auch Zwillingsstätte der Documenta neben Kassel, ersteht in dem eher literarisch anspruchsvollen als nervenkitzelnden Roman des mittlerweile achtzigjährigen Petros Markaris. Er hatte sich als Übersetzer deutscher Literatur von Goethe bis Brecht einen Namen gemacht, bevor er der international gefeierte Krimiautor wurde.

Petros Markaris: Offshore. Roman. Aus dem Neugriechischen von Michaela Prinzinger. Diogenes, 358 S., geb., 24 €.

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