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Nebenwirkung AfD
Wenn es erneut eine Große Koalition gibt, werden Rechtspopulisten Oppositionsführer
Der stellvertretende Parteivorsitzende der SPD, Olaf Scholz, hat sich am Donnerstag für eine starke Regierung ausgesprochen und damit seine Präfenz für eine Neuauflage der Großen Koalition deutlich gemacht. Gleichzeitig meldete die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis, die dem linken Flügel der Partei angehört, Bedenken gegenüber einer neuen Regierungsbeteiligung der SPD an. Gegenüber dem Radiosender SWR sagte Mattheis, man solle verhindern, dass die AfD die Rolle des Oppositionsführers im Bundestag einnehme. Derweil gab die SPD-Parteispitze bekannt, dass sie am Freitag darüber entscheiden werde, ob sie weitere Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung führen wolle. Im Willy-Brandt-Haus soll zunächst das Präsidium und dann der größere Parteivorstand beraten. Eine Entscheidung wird für den Nachmittag erwartet.
Politikerinnen der CDU sprachen sich erneut für eine verbindliche Koalition mit der SPD und gegen Alternativen, wie die Kooperationskoalition, aus. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte in der »Wirtschaftswoche« zügige Koalitionsgespräche. »Aus Sicht der CDU könnte und sollte es konzentrierter und schneller gehen«, sagte Kramp-Karrenbauer. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte im ARD-Morgenmagazin: »Wir wollen Verantwortung in einer stabilen Regierung übernehmen. Und deshalb steht das Angebot, in Koalitionsverhandlungen zu treten.«
Die von der AfD beantragte Aktuelle Stunde im Bundestag zu linksextremen Gewalttaten gegen demokratische Parteien gab derweil am Mittwochnachmittag einen ersten Vorgeschmack, wie es zugehen könnte, wenn die Partei stärkste Oppositionskraft würde. Anlass der Debatte war der angebliche Angriff auf den AfD-Abgeordneten Kay Gottschalk am Rande des AfD-Parteitags am 2. Dezember in Hannover. Gottschalk nahm an dem Parteitag mit einem Tragetuch teil, in dem er seine Hand kühlte. In einer Antwort auf eine Frage im Anschluss an seine Rede sagte er, er habe seinen Angreifern »in die Augen geschaut«. Sie hätten »stumpf, empathielos« ausgesehen und »die hätten auch ein KZ vor über 60 Jahren führen können«. Gottschalk ging jedoch erst nach dem Parteitag in ein Krankenhaus und der Angriff auf ihn wurde bisher weder von der Polizei, die nach seinen Angaben »zugeschaut« habe, noch von Journalisten bestätigt.
Während alle Rednerinnen und Redner der anderen Parteien im Bundestag auch auf das Problem rechtsextremer Gewalt in Deutschland eingingen, vernachlässigten die AfD-Abgeordneten dieses Thema. »Sie verurteilen Gewalt selten, wenn Sie nicht selbst betroffen sind«, kritisierte etwa die SPD-Abgeordnete Susann Rüthrich. Sven Kindler von den Grünen fragte: »Wo hat die AfD das krasse Ausmaß der rechten Gewalt in diesem Land thematisiert?« Er bemerkte, dass die Partei eine »ambivalente und strategische Beziehung« zu Gewalt habe. »Sie wollen sich hier heute als Opfer inszenieren«, so Kindler. Der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt klärte die AfD anschließen auf, dass »es viermal mehr Straftaten von rechts als von links« im Jahr 2016 gegen Mandatsträger gegeben habe.
Eindrücklich berichtete Karamba Diaby (SPD) von rassistisch motivierten Angriffen auf seine Person und sagte in Richtung AfD: »Wir leben in einer Zeit, in welcher eine Partei unser Land spaltet.« Die AfD ging auf diese Vorwürfe nicht ein. Stattdessen brachte Beatrix von Storch (AfD) einen Jutebeutel der Initiative »Aufstehen gegen Rassismus!« mit ans Rednerpult. Sie bezeichnete die Mitglieder der Initiative als »Terroristen« und forderte alle Abgeordneten auf, »sich von ihr zu distanzieren«. In den Jutebeuteln finden sich Aufkleber mit der Parole »Stoppt die AfD«. Zu der Debatte im Bundestag sagte von Storch: »Es ist schwierig, diese Debatte hier mit linken aller Couleur zu führen.« Namentlich attackierte sie die SPD-Abgeordnete Eva Högl, die das Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus!« auf deren Homepage mit ihrem Namen unterstützt.
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