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Männerrechtler und männliche Feministen sollten die »Pille für den Mann« fordern
Weil Hashtag-Kampagnen ja gerade gut laufen, wie wäre es mit #ichwilldiepille?
Ein Mann und eine Frau haben zum ersten Mal Sex. Der Mann fragt die Frau, ob sie die Pille nimmt. Die Frau entgegnet: »Nein, du?« Guter Witz. Zumindest ein unvorstellbarer Dialog. Oder? Bis 2007 forschten Pharmakonzerne an einem Testosteron-Derivat als Verhütungsmethode für Männer. Wegen zu vieler Nebenwirkungen wurde die Forschung eingestellt. Auch andere Versuche, meist die Erforschung und Entwicklung von Präparaten zur Injektion, wurden wegen der Gefahr von Nebenwirkungen abgebrochen. Dabei handelte es sich um Hautirritationen, Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen und Depressionen - Nebenwirkungen, die bei Verhütungsmitteln für Frauen ebenfalls auftreten und bei ihnen als hinnehmbar gelten. Doch es gibt auch Mittel mit geringen Nebenwirkungen, zum Beispiel den Extrakt der Pflanze Gendarussa, der bereits an Menschen getestet und 99 Prozent Erfolg in der Verhütungsrate aufwies. Und amerikanische Forscher testeten Vasalgel erfolgreich an Tieren und momentan an Männern - angeblich soll es 2018 auf den Markt kommen.
Wenn Frauen die ersten, insbesondere heterosexuellen, Erfahrungen machen, wird von ihnen mehr als von Männern erwartet, sich mit der Verhütungsfrage auseinanderzusetzen. Oft geht es um das Verhindern einer Schwangerschaft, dazu wird meist die Einnahme der Pille nahegelegt. Dass diese nicht vor Geschlechtskrankheiten schützt, ist bekannt, aber wird bei Heranwachsenden als Problem wenig ernst genommen. Ich erinnere mich nicht daran, dass ich, als ich als Jugendliche wegen der Verschreibung der Pille bei meiner Frauenärztin war, auf die Nebenwirkungen hingewiesen wurde. Klar, es steht alles auf dem Beipackzettel, aber dass Frauen täglich Pillen nehmen sollen, gilt als so selbstverständlich, so schlimm kann es also nicht sein. Wenn man sich die Nebenwirkungen und Forschungsergebnisse anschaut, ist dies jedoch ein starker, gefährlicher Eingriff in den Körper von Frauen. Das Gleiche gilt für andere Mittel.
Paula Irmschler ist freie Autorin und kümmert sich an dieser Stelle alle 14 Tage um Dinge, denen man nur mit Heißdampf begegnen kann. Die Kolumne unter: dasND.de/abgebuegelt
In einer Broschüre über Verhütung habe ich mal durchgezählt: Für Frauen gibt es derzeit zwanzig Mittel, für Männer zwei (Sterilisation und Kondom). Wenn man bedenkt, dass Frauen nur sechs Tage im Monat fruchtbar sind und Männer potenziell immer, ist es doch absurd, dass Schwangerschaftsverhütung immer noch Frauensache sein soll. Dazu kommt das ihnen entgegengebrachte Misstrauen, ob die Pille denn wirklich regelmäßig eingenommen wird, und falls nicht, die Unterstellung vom berühmten »Unterjubeln« eines Kindes. Hier wäre mal eine Aufgabe für Männerrechtler und männliche Feministen: Wenn ihr weder Kinder noch Kondome, aber Kontrolle wollt, setzt euch ein für die Entwicklung und den Verkauf von der »Pille für den Mann«. Hashtagkampagnen laufen gerade ganz gut, habe ich gehört. Ich schlage ichwilldiepille vor.
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