Gabriels Offenheit für »Heimat« und »Leitkultur«

Regina Stötzel über die Konstruktion des »Wir« gegen »die Anderen«

»Es ist ein nicht wieder gutzumachendes Unglück, dass in Deutschland alles, was irgend mit dem Glück der Nähe, Heimat zu tun hat, der Reaktion verfallen ist«, schrieb Theodor W. Adorno im Jahr 1960 mit dem Wissen darum, dass Heimatliebe und Vernichtungslager für viele seiner Landsleute keinen Widerspruch darstellten.

Selbst wer, wie nun auch Sigmar Gabriel, meint, heute wieder offen und unverkrampft über »Heimat« diskutieren zu müssen, sollte sich fragen, was das anderes bewirken kann, als den Rechten in die Hände zu spielen. Einen Ort, der auf Dauer Sicherheit, Geborgenheit, Vertrautheit bedeutete, hat es seit Beginn menschlicher Aufzeichnungen niemals für alle gegeben. Die diffuse Sehnsucht danach mit den Begriffen »Heimat« und »Leitkultur« in Verbindung zu bringen, bestärkt die Rechten nur darin, ein »Wir« gegen »die Anderen« zu konstruieren. Wie leicht das geht, hatte der Frankfurter Adorno ebenfalls erfahren.

Dass Menschen vor anderen Menschen Angst haben (müssen), hat viele Gründe. Ein zentraler ist die soziale Kälte, die mit der kapitalistischen Verfasstheit der Gesellschaft einhergeht und deren Temperatur die SPD noch um einige Grade zu senken wusste. Mit der Diskussion um Themen wie »Soziale Gerechtigkeit« und »Solidarität« wäre sie gut ausgelastet.

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