Kurz gegriffen

Nelli Tügel über Österreichs »proeuropäische« Ausrichtung

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die neue österreichische Regierung sei klar »proeuropäisch«, versichert der am Montag vereidigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - und meint damit, dass er den Öxit-Radikalismus der FPÖ vorerst einhegen konnte. Grund zum Aufatmen? Naja. Das Europa von Kurz und FPÖ-Strache ist eines, in dem die Schwachen gegen die Schwächsten ausgespielt werden.

Zum Beispiel so: Asylbewerbern sollen in Österreich künftig Bargeld und Handy abgenommen werden. Gleichzeitig wird das Arbeitsrecht zugunsten des Kapitals flexibilisiert. Dies als »proeuropäisch« zu akzeptieren, hieße, jede Vision eines solidarischen Kontinents aufzugeben.

Nun ist Österreich nicht Frankreich oder Deutschland. Doch egal ist für die EU nicht, was an der Donau passiert: Das Land wird im zweiten Halbjahr 2018 die Ratspräsidentschaft übernehmen. Und der Kurs der schwarzblauen Koalition stärkt die Visegrád-Gruppe. Dabei geht es um Flüchtlingsquoten und Obergrenzen, aber längst nicht nur. Bei der Reform der Entsenderichtlinie beispielsweise, die Arbeiter schützen soll, waren es die östlichen Staaten, die besonders blockierten.

Sie fordern derzeit am lautesten, wofür Deutschland und andere die Architektur entworfen haben: eine EU, die dem Subsidiaritätsprinzip huldigt. Also: Freiheit für Unternehmen, keine Regeln, die deren Spielräume einschränken. Genau das will erklärtermaßen auch Kurz - und spricht damit wiederum dieselbe Sprache wie in Deutschland Arbeitgeberverbände, FDP und CDU. Wer Merkel schon als »Gegenspielerin« zu Kurz sieht, greift auch deshalb - viel zu kurz.

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