Vom Sündenfall zur rechten Normalität

Die milde Reaktion Europas zeigt, dass 17 Jahre nach dem Sündenfall der FPÖ-Regierungsbeteiligung Rechtsparteien akzeptierter Alltag sind, meint Nelli Tügel

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 1 Min.
Als die rechte FPÖ vor 17 Jahren erstmalig in eine Regierungskoalition eintrat, kam es nicht nur zu wochenlangen Massendemonstrationen in Österreich - auch die 14 übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bezogen damals gemeinsam mit Kanada, Norwegen, Israel und Tschechien klar Stellung. Es wurden Sanktionen - wenn auch eher symbolische - verhängt.

Die heutigen Reaktionen der EU-Institutionen fallen weit dahinter zurück, ein Aufschrei ist ausgeblieben, stattdessen wird Normalität demonstriert. Dass der erste Auslandbesuch des neuen österreichischen Kanzlers nach Brüssel führte, deutete EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker als »Beweis der Tat für seinen deutlich proeuropäischen Kurs«. Das schwarzblaue Regierungsprogramm sei »stimmig«, so Juncker. Deutlicher lässt sich kaum zum Ausdruck bringen, dass Europa heute ein anderes ist als zu Beginn des Jahrtausends.

Was damals für Empörung sorgte, ist inzwischen vielerorts Alltag: Nicht nur in Polen oder Ungarn - auch in Skandinavien beispielsweise sind ausgesprochen rechte Parteien an Regierungen beteiligt. Hinzu kommt: Die CDU-Schwesterpartei ÖVP ist selbst nach rechts gerückt und hat sich als »FPÖ II« erneuert. Junckers Worte und das Schweigen anderer zu den Vorgängen an der Donau zeigen, wie weit sich heute ein rechter Normalzustand in der EU etabliert hat.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!