Der Rathauschef verlässt die Landespolitik

Mit Andreas Bausewein wirft ein Thüringer SPD-Chef hin, in den die Partei noch vor wenigen Jahren große Hoffnungen gesetzt hatte

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Andreas Bausewein hat am Freitag verkündet, dass er sein Amt als Thüringer SPD-Chef niederlegt. Der Rückzug kam nicht völlig überraschend. Der 44-Jährigen war zuletzt von den politischen Mitbewerbern im Freistaat, aber auch aus den eigenen Reihen kritisiert worden. Überraschend war der Zeitpunkt, zu dem Bausewein seinen Abschied von SPD-Landesvorsitz verkündete: zwischen den Feiertagen, vor einigen eilends herbeitelefonierten Journalisten in Erfurt. Die Art des Rückzugs ist bezeichnend dafür, wie Bausewein vor allem zuletzt mit der eigenen Partei umgegangen ist.

Dabei hatten auf dem gebürtigen Erfurter 2014 so viele Hoffnungen geruht. Bausewein, der seit 2006 Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt ist, schien in der SPD damals der Einzige zu sein, mit dem die Sozialdemokraten im Freistaat einen Neuanfang würden wagen können. Unter ihrer damaligen Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Heike Taubert, hatten die Sozialdemokraten nur 12,4 Prozent der Zweitstimmen erzielt - auch, weil die SPD vor der Wahl nicht gesagt hatten, mit wem sie nach der Landtagswahl koalieren will. Wieder mit der CDU? Oder doch mit Linkspartei und den Grünen, unter Führung eines linken Ministerpräsidenten?

Bausewein stand dagegen vor drei Jahren für ein klares Bekenntnis zu Rot-Rot-Grün. Das sollte der SPD auch im Bund neue Machtoptionen eröffnen, eine Alternative zur Großen Koalition.

Nicht erst auf dem jüngsten SPD-Landesparteitag auf dem Messegelände seiner Heimatstadt hat Bausewein allerdings erfahren, dass er die Hoffnungen vieler Genossen enttäuscht hat. Während die - inhaltlich weder neuen noch spannenden - Ausführungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Matthias Hey, von den Delegierten eifrig beklatscht wurden, erhielt Bausewein nicht mal höflichen Applaus für die Allgemeinplätze, die er vom Papier ablas. Die anschließende Generaldebatte, in der es eigentlich um das für die SPD ebenfalls desaströse Ergebnis der Bundestagswahl gehen sollte, wurde auch zu einer Generalabrechnung der Thüringer SPD mit Bausewein. Tenor: Neuanfang gescheitert.

Die Enttäuschung hat viel damit zu tun, dass Bausewein auch während seiner Zeit als SPD-Landeschef immer ein Kommunalpolitiker geblieben ist. Doch das, was für Erfurt gut ist, muss nicht automatisch auch für Thüringen gut sein. Die meisten Städte und Dörfer im Freistaat funktionieren anders als die Domstadt. Egal, ob in der Debatte über die Mietpreisbremse, beim Streit über die Wohnsitzauflage für Flüchtlinge oder auch über die Verteilung von Landesgeld an Kommunen: Immer war Bauseweins Standpunkt der des Erfurter Oberbürgermeisters.

Insofern ist es nur konsequent, wenn Bausewein nun sagt, er wolle sich auf den Wahlkampf um das Amt des Rathauschefs konzentrieren. Dennoch lässt er die Landes-SPD mit seinem Abschied zu diesem Zeitpunkt ratlos zurück. Es ist völlig unklar, wer an die Spitze der Partei rücken soll, die in etwas mehr als einem Jahr in die heiße Phase des Landtagswahlkampf 2019 starten muss. Die Sozialdemokraten werden darum kämpfen müssen, ein zweistelliges Zweitstimmenergebnis einzufahren. Vermutlich traut sich der designierte SPD-Spitzenkandidat für diese Wahl - Thüringens Innenminister Georg Maier - auch den Job als Parteichef zu. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee werden ebenfalls Ambitionen nachgesagt.

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