Freiwillige wollen Beamte werden
In Laos fliehen junge Lehrkräfte vom Land und retten doch den Schulbetrieb
Der Wind pfeift über den Hügel und wirbelt rötlichen Staub auf. Ganz oben auf dem Hügel, mit bester Aussicht auf den blitzblau glänzenden See, steht die Sekundarschule Nongbouakham. Das aus Brettern zusammengefügte Gebäude beherbergt die Klassen 7 bis 9, insgesamt etwa 90 Schüler aus den umliegenden Dörfern. Vier Lehrerinnen mühen sich nach Kräften, den Unterrichtsstoff zu vermitteln.
Englisch ist nicht dabei, obwohl fest im Lehrplan vorgesehen. Im ganzen Distrikt Nakai in der zentrallaotischen Provinz Khammouane gibt es in diesem Jahr keinen regulären Englischunterricht. Die zwei Lehrerinnen, die das eigentlich besorgen, sind im Schwangeren- und Mütterurlaub. Ersatz gibt es nicht.
Wie schwer es ist, überhaupt LehrerInnen in ländliche Gegenden zu holen, weiß auch Somphet, Leiter der Schulbehörde im Distrikt. Oft kommen junge Lehrkräfte frisch nach ihrem Abschluss aus entfernt liegenden Provinzen und stellen nach zwei Pflichtjahren ein Versetzungsgesuch. Deshalb will er nur noch Lehrer aufnehmen, die aus dem Distrikt stammen. Angenehme Nebenerscheinung: dann braucht die Schulbehörde auch keine Wohnheime mehr für die Lehrkräfte bereitzustellen.
Ob das so klappen wird, ist eine andere Geschichte. Denn nicht nur die Geografie spielt eine Rolle. Seit die Regierung der Demokratischen Volksrepublik Laos auf einen Abbau des üppigen Staatsapparates zielt, wird es zunehmend schwieriger, eine der begehrten Stellen im öffentlichen Dienst zu ergattern. In der Hoffnung darauf arbeiten junge LehrerInnen als Freiwillige, ohne Bezahlung und oft mehrere Jahre lang. Im Distrikt Nakai gibt es mehr als 60 davon. In der ganzen Provinz Khammouane wurden im letzten Jahr 107 neue Stellen für LehrerInnen geschaffen, weniger als zehn davon erhielt Nakai.
Landesweit sind es etwa 16 000 Lehrer, die als Freiwillige den Schulbetrieb aufrechterhalten, nicht wenige von ihnen schon seit vier oder fünf Jahren. Ihre Hoffnung ist die Aufnahme in den Staatsdienst mit einem regelmäßigen Gehalt und gesicherter Perspektive. Im gesamten Jahr sollten nach dem Plan der Regierung im gesamten Staatsapparat der Volksrepublik 5000 Beamte neu eingestellt werden. Nach entsprechenden Eignungsprüfungen. Etwa 2000 davon sollten Lehrer und Lehrerinnen sein.
Vor der laotischen Nationalversammlung räumte Bildungsministerin Sengdeuane Lachanthaboun nun ein, dass die Chancen der langjährigen Freiwilligen eher schlecht stünden, da die Absolventen der Lehrerinstitute aus den Jahren 2016 und 2017 deutlich besser vorbereitet seien und bei den Beamtenprüfungen erfolgreicher abschnitten als die Absolventen früherer Jahrgänge. Zugleich wies sie darauf hin, dass selbst die Neueinstellung von 2000 Lehrkräften im Jahr das Problem des Lehrermangels nicht lösen wird, weil deutlich mehr Kräfte in den Ruhestand gehen oder in andere Tätigkeiten wechseln.
Mit dem erst im Jahr 2015 novellierten Bildungsgesetz macht die Volksdemokratische Republik den Abschluss unteren Sekundarstufe (Klasse 9) obligatorisch. Zuvor reichte die Schulpflicht nur bis zum Abschluss der Grundschule (Klasse 5). Im Zuge der Anstrengungen zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele erreichte das Land eine Einschulungsrate von 98,5 Prozent, doch nur 76 Prozent der Schüler schließen die Grundschule ab. Hinderlich bei der Entwicklung des Bildungswesens sind die gebirgige Geografie des Landes und eine sehr heterogene ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung. Sie bringt es mit sich, dass viele Kinder die Unterrichtssprache Lao erst erlernen müssen.
Fragt man die Schüler in Nongbouakham, was sie nach der Schulzeit einmal machen wollen, drucksen viele herum. Zur Polizei gehen, sagen einige Jungen schließlich, oder zur Armee. Andere hoffen auf eines der wenigen Stipendien, die eine nahe gelegene Wasserkraftfirma vergibt. Lehrer gibt niemand als Berufswunsch an.
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