Problemlöser übernimmt den Geheimdienst
Im Nachhinein ist es klar. Ausländerbehördenchef Frank Nürnberger informierte vor wenigen Tagen, Brandenburg verfüge über 3300 Plätze in der Erstaufnahme für Flüchtlinge, von denen aktuell nur 1500 Plätze besetzt seien. Für den Fall der Fälle solle das Land aber nicht vorschnell Kapazitäten abbauen, riet er. Mit dem Wissen von heute ließe sich aus Nürnbergers Formulierungen erahnen, das alles gehe ihn nichts mehr an. Und wirklich. Der 46-Jährige muss es da schon gewusst haben: Er soll Chef des Verfassungsschutzes werden. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) will ihn für diesen Posten vorschlagen. Die Zustimmung des rot-roten Kabinetts vorausgesetzt, könnte Nürnberger seine neue Position am 1. Februar einnehmen, heißt es. Der alte Verfassungsschutzchef Carlo Weber hatte sich zum Jahresende in den Ruhestand verabschiedet.
»Frank Nürnberger ist einer unserer besten Leute. Er hat sich in allen seinen bisherigen Verwendungen in höchstem Maße bewährt«, lobte der Innenminister am Mittwoch.
Nürnberger kam 1971 im thüringischen Kölleda zur Welt. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er an der Universität Potsdam Rechtswissenschaften und begann seine berufliche Laufbahn 1998 in der sächsischen Justizverwaltung. 2002 wechselte er in die brandenburgische Straßenbauverwaltung und rückte nach verschiedenen weiteren Stationen im Juli 2013 an die Spitze der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt, die inzwischen Außenstellen in Doberlug-Kirchhain, Wünsdorf und Frankfurt (Oder) hat. Die Behörde registriert die in Brandenburg ankommenden Flüchtlinge und verteilt sie auf die Kommunen.
Das sei in den letzten Jahren mit Sicherheit einer der schwersten Jobs gewesen, den das Land zu vergeben hatte, meint Innenminister Schröter. Er nennt Nürnberger einen Problemlöser und Tatmenschen, der Entschlusskraft mit Fingerspitzengefühl vereinige und mit Menschen umgehen könne. Verfassungsschutzchef zu sein, das sei auch einer der schwierigsten Jobs. Doch Schröter ist überzeugt, dass Nürnberger das ausgezeichnet machen werde.
Nürnberger selbst erklärte, er sei sich natürlich bewusst, dass der Geheimdienst gerade in der heutigen Zeit vor großen Herausforderungen stehe. »Dazu wird in Brandenburg in Zukunft auch wieder ein stärkerer Verfassungsschutz gebraucht«, meinte er.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Björn Lakenmacher äußerte: »Dem chronischen Personalmangel muss endlich ein Ende bereitet werden. Der Verfassungsschutz benötigt mindestens 30 zusätzliche Personalstellen.« Die SPD denkt über eine Aufstockung nach. Die LINKE zeigte sich bislang skeptisch - nicht zuletzt wegen des NSU-Skandals. Seite 11
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.