LESEPROBE
Wie bildete sich die kapitalistische Produktionsweise heraus? Der Mainstream der historischen Forschung schildert ihre Durchsetzung als Ergebnis eines Siegeszuges von Aufklärung, bürgerlichem Fleiß und technischem Fortschritt, der Entwicklung von Wissenschaft und Erfindergeist, den Taten wagemutiger Entdecker, dem Aufbruch kühner Denker aus der Finsternis religiöser Dogmen.
Tatsächlich aber wurden und werden die Grundlagen der kapitalistischen Wertschöpfung auch durch nackten Raub, durch Zwangsarbeit und Massenmord geschaffen. Die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft wäre ohne die brutal durchgesetzte Enteignung ganzer Völker oder Bevölkerungsgruppen nie möglich gewesen - die Fundamente unserer modernen Gesellschaft ruhen auf den Leichen der Beraubten.
Die Grausamkeiten der Frühphase des Kapitalismus sind bekannt, sie wurden lediglich während des ideologischen Durchmarsches des Neoliberalismus in den letzten Jahrzehnten weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. In den ersten Kapiteln dieses Buches werden einige Beispiele von gemeinsamen Diebstahl und Massenmord während dieser Durchsetzungsphase geschildert.
Die Mehrzahl der Beiträge des Bandes dokumentiert allerdings Bubenstücke der jüngeren und jüngsten Vergangenheit - Skandale und Skandälchen, räuberische Aneignung und kriminelle Machenschaften dubioser Kriegsgewinner, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch die Medien geisterten. Ein Anspruch auf Vollständigkeit erhebt der Band natürlich nicht, eher im Gegenteil. Eine Abhandlung, die sämtliche Raubzüge allein der letzten Jahrzehnte dokumentiert, würde vermutlich die Reihe mehrerer Bücherregale füllen.
Aus dem Vorwort von Gerd Bedszent zu seinem Buch »Wirtschaftsverbrechen und andere Kleinigkeiten« (Nomen, 146 S., br.14,90 €).
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