Zählappell bei Hessens Parteien
Zum Auftakt des Landtagswahljahres können die meisten auf Mitgliederzuwachs verweisen
Zu Beginn eines neuen Jahres, das in Hessen voll im Zeichen der im Herbst fälligen Landtagswahl stehen wird, geben sich die Landesparteien zuversichtlich. Die meisten versuchen, aus steigenden Mitgliederzahlen Rückenwind abzuleiten.
So konnten die hessischen Grünen, die seit 2014 mit der Union regieren, im abgelaufenen Jahr ihre Mitgliederzahlen um über 200 auf nunmehr über 5300 steigern. Beim SPD-Landesverband registriert man für 2017 über 3000 Beitritte und eine Mitgliederzahl von knapp 56 000. Viele dieser Eintritte dürften allerdings auch dem längst verflogenen »Schulz-Hype« geschuldet sein, der den Sozialdemokraten nach der überraschenden Nominierung des neuen Spitzenmannes im Februar und März Auftrieb bescherte.
Auch die FDP, die 2013 nur knapp den Wiedereinzug in das Landesparlament schaffte, freut sich über Zuwachs. Ihre Mitgliederzahl stieg von knapp 5500 auf derzeit über 6100 Mitglieder. Die Rechtspartei AfD konnte ihre Mitgliederzahl um rund 200 auf über 2300 steigern.
Die hessische LINKE, die Ende Januar den zehnten Jahrestag ihres Einzugs in den Wiesbadener Landtag feiern kann, meldete für 2017 über 500 Eintritte und einen neuen absoluten Rekord: Die Partei konnte zum Jahreswechsel erstmals die 3000er-Marke überspringen. Dabei sind besonders viele jüngere Menschen in die Partei eingetreten, so dass die Altersgruppe unter 35 Jahren mittlerweile den größten Anteil an der Mitgliedschaft stellt.
Demgegenüber ist das Saldo der seit 1999 im Lande tonangebenden Christdemokraten negativ. Im Laufe des zurückliegenden Jahres hat die Hessen-CDU 447 Mitglieder verloren und zählte am Ende nur noch rund 38 000 Mitglieder. Insider beklagen einen steigenden Altersdurchschnitt. Damit bleibt die Hessen-CDU in punkto Mitgliederzahl weit hinter der SPD, auch wenn die Sozialdemokraten in ihrer einstigen Hochburg Hessen in den letzten Jahren landesweit stets deutlich weniger Wählerstimmen bekamen als die CDU.
Aus dem seit den 1960er Jahren auf einen strammen Rechtskurs getrimmten CDU-Landesverband gingen in jüngerer Zeit auffällig viele Akteure hervor, die auf ihre alten Tage in der Rechtspartei AfD einen neuen Karriereschub erfahren. In diese Kategorie fällt etwa AfD-Chef Alexander Gauland, der Ende der 1980er Jahre Leiter des Wiesbadener Staatskanzlei war. Auch der als Kandidat für das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten gescheiterte Ex-Stadtkämmerer von Frankfurt am Main, Albrecht Glaser, gehört dazu. Gleiches gilt für den Kriminaloberrat Martin Hohmann, einst Bundestagsabgeordneter der CDU und 2004 wegen antisemitischer Äußerungen aus der Partei ausgeschlossen. Er kehrte 2017 mit einem AfD-Ticket in den Bundestag zurück. Nun macht sich die Hessen-AfD Hoffnung auf einen Einzug in den Wiesbadener Landtag. 2013 war sie mit 4,1 Prozent noch draußen geblieben.
Hessens CDU-Landesvorsitzender und Regierungschef Volker Bouffier, der 2010 beide Ämter von seinem amtsmüden Vorgänger Roland Koch übernommen hatte, fühlt sich auch mit 66 Jahren noch rüstig genug, um als Spitzenkandidat der Christdemokraten anzutreten. Von Überlegungen darüber, ob er etwa nach dem Vorbild seines zwei Jahre älteren bayerischen CSU-Kollegen Horst Seehofer das Staatsamt abgeben und das Parteiamt behalten wolle, möchte er nichts wissen. Bouffier hat sich der Aufgabe verschrieben, das schwarz-grüne Koalitionsmodell als Vorbild für den Bund anzupreisen.
Dabei kommt ihm die sehr zahm gewordene einstige Ökopartei auch sehr weit entgegen. Auch wenn Bouffier beteuert, seine Partei werde ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf ziehen, scheint er auf eine Fortsetzung der Koalition zu hoffen. Finanzminister Thoma Schäfer (CDU) hatte sich dieser Tage offen für Schwarz-Grün auch nach dem Urnengang ausgesprochen.
Dies haben auch die Liberalen registriert, die ab 1999 und erneut ab 2009 jeweils eine Legislaturperiode lang Juniorpartner der CDU waren. »Die CDU ist nicht mehr unser natürlicher Partner«, erklärte FDP-Fraktionschef René Rock dieser Tage in einem Presseinterview.
Ob es künftig rein rechnerisch für Schwarz-Grün reicht, bleibt abzuwarten. Das genaue Datum der Wahl steht noch nicht offiziell fest. In den letzten Tagen war über einen möglichen gemeinsamen Termin für die Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 14. Oktober 2018 spekuliert worden.
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