- Politik
- Wohnungsnot
Caritas warnt vor Wohnungsnot
Umfrage: Bezahlbares Wohnen eines der drängendsten Probleme
Berlin. Der katholische Caritasverband schlägt Alarm: Angesichts einer zunehmenden Wohnungsnot forderte Caritas-Präsident Peter Neher am Mittwoch in Berlin die Politik zum Handeln auf. Besonders die Kommunen seien gefordert. Von einer neuen Bundesregierung erhoffe er sich, dass sie Rahmenbedingungen für eine Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus setzt, auch wenn die gesetzliche Verantwortung für dessen Förderung ab 2020 bei den Ländern liege. Anlass war der Auftakt der Caritas-Kampagne »Jeder Mensch braucht ein Zuhause«.
Bezahlbarer Wohnraum sei mittlerweile Mangelware, so Neher weiter: »Das Problem hat die Mitte der Gesellschaft erreicht.« Städte und Gemeinden seien jetzt als zentrale Akteure in der Wohnungspolitik gefragt. Kommunen besäßen mit dem Bauplanungsrecht »ein starkes Instrument, mit dem sie bestimmen können, wo, wie und was gebaut wird«.
Neher sieht in der zunehmenden Wohnungsnot ein »gesellschaftspolitisches Konfliktpotenzial«. Wenn die Zusammensetzung von Stadtquartieren zunehmend durch den Geldbeutel bestimmt werde, führe dies zu einem Auseinanderdriften von Milieus und schwäche den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Dabei stützt sich Neher auf eine repräsentative telefonische Umfrage im Auftrag der Caritas vom November vergangenen Jahres unter 1009 Deutschsprachigen ab 18 Jahren. Danach gehört bezahlbares Wohnen neben Pflege, Kinderarmut und Alterssicherung zu den drängendsten politischen Themen. Drei Viertel aller Befragten sei es äußerst oder sehr wichtig, dass das Menschenrecht auf eine Wohnung gewährleistet wird, betonte Neher.
Als Folgen hoher Wohnkosten erwarteten mehr als drei Viertel der Befragten ein erhebliches Armutsrisiko, die Beeinträchtigung der Entwicklungschancen von Kindern, die räumliche Trennung von Arm und Reich sowie die Gefahr, wohnungslos zu werden. Bei der Frage, welche Maßnahmen die Politik ergreifen soll, finde die Förderung des sozialen Wohnungsbaus (84 Prozent), die Bereitstellung preiswerter Wohnungen für benachteiligte Personen und die Förderung von Wohnungsgenossenschaften (beide 80 Prozent) eine deutliche Zustimmung.
Ein wesentlicher Grund für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum sei der Verlust sozial gebundener Wohnungen, sagte der Caritas-Chef. So habe die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit Anfang der 1990er Jahre dazu geführt, dass mehr als zwei Millionen Wohnungen vor allem aus kommunalem Eigentum, Betriebswohnungen sowie Bundes- und Landesimmobilien verkauft wurden: »Gab es im Jahr 1987 noch 3,9 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland, waren es 2015 nur noch 1,3 Millionen Wohnungen. Jedes Jahr fallen weitere 40.000 bis 60.000 Wohnungen aus der Sozialbindung.«
In Berlin, wo der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sich auch in einer hohen Zahl Obdachloser zeigt, versammelten sich am Mittwoch zu einer ersten Strategiekonferenz zum Thema Wohnungslose Vertreter von Senat, Bezirken, Wohlfahrtsverbänden und Experten. Ziel war eine bessere Zusammenarbeit und die Entwicklung von Strategien. epd/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.