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»Alternative Fakten« zum Unwort des Jahres gekürt
Sprachwissenschaftler rügen auch Ausdrücke »Shuttleservice« und »Genderwahn«
Darmstadt. »Alternative Fakten« lautet das Unwort des Jahres 2017. Die Bezeichnung sei »der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen«, erklärte die Jury am Dienstag in Darmstadt. Sie stehe »für die sich ausbreitende Praxis, den Austausch von Argumenten auf Faktenbasis durch nicht belegbare Behauptungen zu ersetzen«, begründete die Jury ihre Wahl.
Der Begriff stammt ursprünglich aus den USA. Mit der Formulierung hatte die Beraterin von Präsident Donald Trump, Kellyanne Conway, die falsche Tatsachenbehauptung bezeichnet, zur Amtseinführung des US-Präsidenten Anfang 2017 seien so viele Feiernde auf der Straße gewesen wie nie zuvor bei entsprechender Gelegenheit. Conway hatte am 22. Januar in einer NBC-News-Sendung auf die Frage, warum Spicer »widerlegbare falsche« Angaben zu den Zuschauerzahlen bei der Vereidigung gemacht habe, gesagt: »Sie sagen, dass es eine falsche Behauptung ist, und Sean Spicer, unser Pressesprecher, hat alternative Fakten dazu vorgelegt.«
Die Jury rügte auch die Begriffe »Shuttleservice« und »Genderwahn«. Der Begriff »Shuttleservice« wurde vom CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer in Bezug auf Seenotrettungseinsätze von Nichregierungsorganisationen im Mittelmeer für Flüchtlinge in Schlauchbooten benutzt. Damit würden sowohl die flüchtenden Menschen als auch vor allem diejenigen diffamiert, die ihnen humanitäre Hilfe leisteten, erklärte die Jury. Mit dem Ausdruck »Genderwahn« werden laut den Sprachwissenschaftlern »in konservativen bis rechtspopulistischen Kreisen zunehmend Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit in undifferenzierter Weise diffamiert«.
Die Sprachwissenschaftler küren seit 1991 das Unwort des Jahres. 2016 lautete es »Volksverräter«, ein Jahr davor »Gutmensch« und 2014 »Lügenpresse«. Agenturen/nd
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