DDR-Kunst hinter der Maske oder nicht?

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung veranstaltete eine Diskussion zu einer Ausstellung im Potsdamer Museum Barberini

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Als der Softwaremilliardär Hasso Plattner vor einem Jahr sein Potsdamer Museum Barberini eröffnete, äußerte er als Sammler von DDR-Kunst über die DDR: »Das war ein normales Land.« Plattner setzte hinzu, dass die DDR-Bürger und die in der DDR geschaffene Kunst »bei der Wiedervereinigung schlecht beurteilt« worden seien.

Vor einigen Wochen bekam die DDR-Kunst im Museum Barberini sogar eine ihr eigens gewidmete Ausstellung. »Hinter der Maske« heißt diese Ausstellung, die am Mittwochabend Gegenstand einer Debatte war, zu der die Rosa-Luxemburg-Stiftung eingeladen hatte. »Hinter der Maske?« lautete der Titel dieser Veranstaltung. Vor einem überfüllten Saal in der Potsdamer Dortustraße diskutierten Künstler und Kunstwissenschaftler, ob sich die Bildende Kunst der DDR sinnvoll auf den Nenner Maske bringen lasse.

Die Kulturwissenschaftlerin Gerlinde Förster beschrieb den Umgang mit DDR-Kunst in der deutschen Öffentlichkeit seit 1990. War zunächst abgesehen von den als »widerständisch« eingestuften Werken der Blick auf die DDR-Kunst ein verächtlicher Blick und wurden »simple Klischees« bedient, so zeichnet sich Förster zufolge in jüngster Zeit eine objektivere und ernsthafte Draufsicht ab.

Die Qualität, der im Museum Barberini präsentierten Werke von Willi Sitte, Wolfgang Mattheuer, Bernard Heisig, Werner Tübke und vielen anderen ist über jeden Zweifel erhaben, doch der kunstfernen Einteilung in »staatsnah« und »oppositionell« sind auch sie nach 1990 nicht entgangen. Diese Perspektive bestimme heute noch die Debatte und werde »wie ein Stöckchen hingehalten«, beklagte Förster. Der Zeichner Harald Kretzschmar rief: »Es liegt lähmend über allem. Sie schreiben doch alle dasselbe.«

Das Interesse des Mäzens Plattner an einer achtungsvolleren Einordnung von DDR-Kunst hänge sicher nicht zuletzt mit seinem Interesse an der Wertsteigerung der von ihm erworbenen Bilder zusammen, ließen die Podiumsteilnehmer durchblicken. Einig waren sie sich darin, dass die DDR-Kunst in den vergangenen Jahrzehnten einer Atmosphäre von Vorurteilen, Borniertheit, ideologischen Vorbehalten, vernagelter Indoktriniertheit und vorauseilendem Gehorsam ausgesetzt gewesen sei.

»Warum die postume Kriegserklärung an eine Lebensleistung?«, fragte der Maler Ronald Paris, der in der Barberini-Ausstellung vertreten ist. Ihm falle auf, dass die Urteile über die DDR-Kunst gefällt werden, ohne dass mit den noch lebenden Künstlern auch nur einmal gesprochen worden wäre und ohne dass sie zu Wort kommen könnten. Der Grafiker Bernd Frank konnte sich nur wundern, nach 1990 unter dem Schlagwort »widerständisch« eingeordnet worden zu sein.

Man spreche besser statt von DDR-Kunst von »Kunst, die in der DDR entstand«, warb die Kunstwissenschaftlerin Marieluise Schaum.

In der Debatte wurde herausgearbeitet, dass westdeutsche Kunsthändler, Kuratoren und Galeristen, die die Kunstszene dominieren um nicht zu sagen ihr diktieren, auf die DDR-Kunst oft erst dann einen sachlicheren Blick werfen, wenn die Kunstwerke zuvor im westlichen Ausland, beispielsweise in Los Angeles oder New York, gleichsam geadelt worden sind. Über einen solchen Umweg sei heutzutage in Deutschland wieder Anerkennung möglich.

Deutlich wurde aber auch, dass Kunstkenner aus dem Westen Deutschlands nicht einheitlich auftreten, dass sie sich durchaus engagiert und fachkundig für eine gerechte Beurteilung der DDR-Kunst einsetzen und sie oft dem Vergessen entreißen. Während im Dresdner Albertinum »eine zugereiste Dame wütet« (Ronald Paris), und mit einem Werk von Tübke und einem von Mattheuer die letzten beiden DDR-Künstler aus der Ausstellung entfernt habe, herrscht im Cottbuser Kunstmuseum Dieselkraftwerk ein völlig anderer Geist, ausgehend von einer Direktorin, die nicht minder »zugereist« ist.

Der Barberini-Ausstellung bescheinigte Kunstwissenschaftlerin Förster Begleittexte, die als »naiv und dümmlich« einzuordnen sind. Anderseits vertrat die Kuratorin der Ausstellung aber die Ansicht, dass die »staatsnahe« oder »oppositionelle« Einstellung eines DDR-Malers nichts über die künstlerische Qualität seiner Werke aussage.

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