Nach dem Streik ist vor dem Streik
Gewerkschaften rufen die studentischen Hilfskräfte zum nächsten Arbeitskampf auf
Die studentischen Hilfskräfte an den Universitäten geben nicht auf: Nach dem ersten Warnstreik vergangene Woche rufen die Gewerkschaften nun gleich zu drei weiteren Streiktagen auf. Die Arbeitgeber haben »kein verbessertes Angebot vorgelegt«, heißt es in einer Mitteilung von ver.di. Von Dienstag bis Donnerstag soll die Arbeit niedergelegt und so den Leitungen der Hochschulen Druck gemacht werden - begleitet durch zahlreiche kreative Aktionen und einer Demonstration.
Die ersten beiden Tage ruft die studentische Kampagne »TVStud« zu dezentralen Aktionen in den Hochschulen auf. Neben den Streikversammlungen an der Technischen (TU) und Freien Universität (FU), sollen am Nachmittag des ersten Streiktages auch themenbezogene Workshops angeboten werden. Auch andere kreative Aktionen sind geplant, werden jedoch während des Streiks beschlossen.
Als Abschluss planen die Gewerkschafter eine Demonstration vom Wittenbergplatz durch die City West bis zur TU. Damit wollen sie ihren Forderungen auch auf der Straße einen Ausdruck geben. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) möchte »weiter Druck machen«.
Derweil reagierte der Kommunale Arbeitgeberverband nicht auf den ersten Warnstreik. An diesem kamen rund 1500 studentische Hilfskräfte und Unterstützer zum Bebelplatz in Mitte und setzten ein kräftiges Zeichen für ihre Forderungen. In unmittelbarer Nähe zu den Büros der Hochschulleitung der Humboldt Universität (HU) forderten sie das Präsidium lautstark auf, endlich zu handeln und ein für die Studierenden annehmbares Angebot zu unterbreiten. Dies geschah bisher allerdings nicht. Allein die Leitung des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums - Herz der Universitätsbibliothek der HU - äußerte sich bisher auf ihrer Internetseite zu den Aktionen. Streikende hatten nach der Kundgebung massenhaft nach nichtexistierenden Büchern gesucht, existierende ausgeliehen und direkt wieder zurückgegeben und Rückstellwägen im gesamten Zentrum aufgefüllt. Eine Aktion, um zu zeigen, wie eine Bibliothek ohne studentische Hilfskräfte aussehen würde. Konsequenz: Laut der Einrichtungsleitung müsse der »mutwillig herbeigeführte Schaden« nun in vielen Arbeitsstunden beseitigt werden. Der Fall ist klar: Die Solidarisierung mit dem Arbeitskampf ist nun nicht mehr möglich. Eine Solidarisierung, die laut »TVStud« allerdings auch vorher nie stattgefunden hat.
Von der Studierendenschaft der Hochschulen wird diese allerdings schon praktiziert. So soll am zweiten Streiktag eine studentische Vollversammlung an der TU stattfinden. Thema wird die breite Solidarisierung mit den Streikenden sein. Es soll auch über Rechte und Pflichten der Studierenden während des Streiks aufgeklärt werden. In Zuge von diesem wird es höchstwahrscheinlich wieder zu Ausfällen von Tutorien oder Seminaren und Behinderungen im Bibliotheksablauf geben. Welche Konsequenzen dies für den Abgabetermin der Hausarbeit oder die drohende Gebühr bei der Bücherrückgabe hat, soll transparent gemacht werden.
So kam es beim Streik vergangene Woche - neben dem Fall im Grimm-Zentrum - auch in anderen Instituten und Einrichtungen zu Verzögerungen und Schließungen. Laut der »TVStud«-Kampagne, mussten mehrere Büroräumlichkeiten geschlossen bleiben und Bibliotheken früher zu machen. Auch die philologische Bibliothek der FU schloss hektisch ihre Türen, als eine Gruppe Streikender an ihr vorbeizog. Studentische Hilfskräfte können beides: Klassischen Arbeitskampf und Aktionismus.
Doch auch die bisherige Solidarität aus der Politik ebbt nicht ab. Neben den Bekundungen aus dem Abgeordnetenhaus, zeigten sich nun auch bundesweite und internationale Aktivisten solidarisch mit den Hilfskräften. Die Bundesprecherin der Grünen Jugend Ricarda Lang grüßt auf Twitter die Streikenden und schreibt: »Lasst euch nicht unterkriegen!«
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