Das ist der Bastian (Pastewka)

»Pastewka« geht in die achte Staffel

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Das deutsche Fernsehen ist manchmal eine Schrumpfversion der guten alten »Hitparade«. Ab 1969 hatte Dieter Thomas Heck die Betulichkeit der Wohlstandsgesellschaft in eine Schlagersoße getaucht, die oft aus nichts anderem bestand als englischen Hits, die ohne viel kreative Eigenleistung deutsch umgetextet wurden. So läuft es oft auch im linearen Programm. Zum Beispiel bei Bastian Pastewka.

Als viertelfiktive Version seiner selbst verwandelte das langjährige Ensemble-Mitglied der »Sat.1-Wochenshow« 2005 Larry Davids hinreißende US-Sitcom »Curb Your Enthusiasm« in eine germanische Version vom liebenswerten Kotzbrocken aus der Medienbranche und feierte damit sieben Staffeln lang zumindest in einer treuen Fanschar Erfolge. Die aber wurde Sat.1 schon 2014 zu klein, um das Format fortzusetzen. Weshalb die neue Staffel ab sofort bei Amazon Prime läuft und das Copy-and-Paste-Prinzip deutscher Unterhaltung damit auf ein neues Niveau hebt. Technisch, weil das Streamingportal die Kopie einer Import-Serie kopiert und dabei inklusive aller Charaktere auch noch große Teile des Teams übernimmt. Dramaturgisch, weil »Pastewka«, die achte, nach Ansicht der ersten Folge einfach grandios zu werden scheint.

Nach dem Drehbuch der neuen Winzer aus alten Schläuchen, Stephan Pächter und René Förster, geht es nämlich gleich zu Beginn rund im Mikrokosmos des Schauspielerschauspielers im Kampf mit seiner Umwelt, mit sich und seiner grandiosen Selbstgerechtigkeit. Degradiert zum tuntigen Sidekick einer Gaga-Show seiner Film-Kollegin Annette Frier wird so viel homophober Ballermann-Ulk auf Pastewkas Kosten abgesondert, dass es selbst dem Berufszyniker mit beginnender Midlife-Crisis zu viel wird. Er plant also die Kündigung, trennt sich stattdessen ungewollt von seiner Dauerfreundin Anne (Sonsee Neu) und flieht im Wohnmobil durch die rheinische Tundra, was ihm dank einer schlecht sitzenden Unterhose nicht gerade einen Zugewinn an Würde beschert.

Inhaltlich schließt das - auch wegen der Hochzeit seines Bruders (Matthias Matschke) mit der Intimfeindin Svenja Bruck (Bettina Lamprecht) - ziemlich nahtlos an den Plot vergangener Staffeln an. Ästhetisch allerdings erreicht die Fortsetzung unter der Amazons-Ägide ein neues, höheres Niveau. Wie die Titelfigur zum Auftakt nach dem würdelosen TV-Auftritt im Borat-Mankini deprimiert das Weite sucht, während zwei Kulissenschieber ein Alpenpanorama nebenher tragen - das ist nicht nur stimmig inszeniert, sondern auch hochwertiger als im drögen Ambiente des Privatsender zuvor.

Was auch daran liegen könnte, dass der Namensgeber nun noch mehr Verantwortung trägt. »Ich habe mich mit der Autorengruppe zusammengesetzt und geschaut, was eigentlich das Thema der ersten sieben Staffeln war«, sagte Pastewka bei der Präsentation in Hamburg. Resultat: »Wir wollten die Serie wieder ernster nehmen.« Ein Seitenhieb auf Sat.1. »Die hätten ruhig zu mir kommen können und sagen: ›Das ist uns alles zu arzifarzi und du bist zu alt‹«, klagt der Hauptdarsteller, »das wäre mal eine Haltung gewesen«. Stattdessen lag die letzte Staffel lange herum, bevor sie dann Freitag kurz vor Mitternacht lief. Bei Amazon dagegen wehe ein frischerer Wind. »Sonst hätten wir’s vielleicht selber gemacht.« Fünfminütige Internetversionen, »billiger, aber mit Liebe«. Dank Jeff Bezos’ Gelddruckmaschine blieb uns die Reduktion der Reduktion somit erspart. Und so geht die vielleicht beste, jedenfalls wahrhaftigste Sitcom aus heimischer Produktion weiter. Endlich.

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