Balance der Macht
US-Präsident Trump sprach beim Weltwirtschaftsforum - und überraschte kaum jemanden
Das in der Schweiz erscheinende Boulevardblatt »Blick« empfing den Präsidenten am Donnerstag mit der freundlichen Schlagzeile »Welcome in Switzerland!«. Kaum war US-Präsident Donald Trump in Davos gelandet, irritierte er aber schon wieder die Welt. Mit einer familiären Nachricht ließ er die globale Elite, die sich zum Weltwirtschaftsforum versammelt hatte, wissen: Ihr irrt euch!
Zuvor hatte US-Finanzminister Steven Mnuchin noch erklärt, warum ein »schwacher Dollar« gut fürs Geschäft sei und die US-Exporte boomen lasse, als Trump dazwischengrätschte: »Ich möchte einen starken Dollar sehen.« Die Finanzelite erhörte den Wunsch des wankelmütigen Präsidenten allerdings nicht und schickte den Greenback in den Börsenkeller. Am Freitag stieg im Gegenzug der Euro auf rekordhohe 1,25 Dollar
Ähnlich wie seinem Amtskollegen erging es US-Handelsminister Wilbur Ross in der Eidgenossenschaft. Er wollte seine »Truppen in einen Handelskrieg« schicken. Trump wies ihn zurecht, es gäbe keinen Handelskrieg. »Balance of Power«, Balance der Macht, nannte die US-Nachrichtenagentur Bloomberg diese geschmeidige Hin-und-Her-Strategie der Trump-Mannschaft.
In seiner mit Spannung erwarteten Rede zum Abschluss des World Economic Forum (WEF) lobte Trump dafür am Freitag seine Minister, die im Forum in der ersten Reihe saßen, in den höchsten Tönen. Ansonsten nutzte der moderate, teils frei sprechende Trump seinen kaum länger als halbstündigen Auftritt für Standortwerbung.
Gastgeber und WEF-Erfinder Klaus Schwab hatte zuvor Trumps »historische Steuerreform« gepriesen. Dadurch sinken die Gewinnsteuern für Konzerne von 35 auf 21 Prozent. In Deutschland wurde dies teilweise als Beginn eines »Steuerkrieges« wahrgenommen. Trump nahm den von Schwab gespielten Ball auf und sagte den Hunderten Managern und Unternehmern, jetzt sei »der perfekte Zeitpunkt für Ihre Investitionen« in den USA.
Am Abend zuvor hatte Trump sich mit Vorstandsvorsitzenden großer Konzerne getroffen. »Ich habe 15 neue Freunde gefunden.« Jeder von ihnen hätte ihm versprochen, viele Milliarden Dollar aus dem Ausland zurückzuholen und in den Vereinigten Staaten zu investieren, wie es der US-Technologieriese Apple angekündigt hatte. Er forderte die »Führer« anderer Nationen auf, seinem Beispiel zu folgen. »America first« für alle.
Wie der Stargast im vorigen Jahr, Chinas Staatspräsident Xi Jinping, sprach sich Trump für Freihandel aus. Dieser müsse aber »fair« sein. In Davos war Trump unter anderem mit der britischen Premierministerin Theresa May und Indiens Staatschef Narendra Modi zusammengetroffen.
In Sachen Freihandel stoßen Trumps »Deals« allerdings auf Widerstreben. Die Pazifik-Anrainer einigten sich in dieser Woche auf einen Freihandelspakt - ohne USA. Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) wird Mexiko, Japan, Kanada, Vietnam und ein halbes Dutzend weiterer Staaten umfassen. Das Bündnis, das sich gegen China richtet, sollte ursprünglich die Rolle der USA in Asien stärken.
Trump ärgerte gerade auch China und Südkorea. Auf importierte Waschmaschinen und Solarpaneele wird zukünftig Zoll erhoben. Damit reagiert die US-Regierung auf die protektionistische Wirtschaftspolitik, die beide Länder betreiben und mit der sie die Einfuhr von Waren und ausländische Investitionen kanalisieren. Das Defizit in der US-Außenhandelsbilanz mit China wächst seit Langem - 2017 allein um neun Prozent.
Nicht überall in der Schweiz wurde der zweitägige Besuch willkommen geheißen. Mit »Trump not Welcome« hatte die Aktionsgruppe Campax gegen Trumps Teilnahme am WEF mit einem 60-Meter-Transparent im Fels über Sargans protestiert. Das Tal liegt auf der Einflugschneise der Air Force One.
Auch von anderer Seite kam Kritik US-Milliardär George Soros hatte am Donnerstag in Davos wie bereits im vergangenen Jahr vor Trump gewarnt, den er »eine Gefahr für die Welt« nannte. Der Investor ist ein Kritiker des ultraliberalen Kapitalismus.
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