Autobauer für Menschenversuche verantwortlich

Forschungsvereinigung soll Diesel-Schadstofftests nicht nur an Affen gefördert haben / Studie angeblich nur eingeschränkt aussagekräftig

  • Lesedauer: 3 Min.

Wolfsburg. Im Abgasskandal soll es Diesel-Schadstofftests nicht nur mit Affen, sondern auch mit Menschen gegeben haben. Das geht aus einem Report der Vereinigung EUGT hervor, über den »Stuttgarter Zeitung« und »Süddeutsche Zeitung« berichten. Rund zweieinhalb Jahre nach Beginn des Abgasskandals kommen damit immer neue Details ans Licht.

Den Berichten zufolge soll die von den Konzernen VW, Daimler und BMW gegründete Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) eine »Kurzzeit-Inhalationsstudie mit Stickstoffdioxid bei gesunden Menschen gefördert« haben. Dies stehe in einem als Tätigkeitsbericht für die Jahre 2012 bis 2015 herausgegebenen Report. Dabei seien an einem Institut des Universitätsklinikums Aachen 25 Personen untersucht worden, nachdem sie jeweils über mehrere Stunden Stickoxid in unterschiedlichen Konzentrationen eingeatmet hätten. Laut der 2017 aufgelösten EUGT wurde keine Wirkung festgestellt.

Der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus sagte der »Stuttgarter Zeitung« jedoch, die 2016 veröffentlichte Studie sei nur eingeschränkt aussagekräftig. Zum einen ließen sich die Befunde nicht auf die gesamte Bevölkerung übertragen, zum anderen sei Stickstoffdioxid nur ein Teil der gesamten Luftbelastung. Stickstoffdioxid ist der Schadstoff, dessen Messwerte von VW in den USA jahrelang manipuliert worden waren, um die gesetzlichen Grenzwerte für Dieselfahrzeuge offiziell einzuhalten.

Zuvor hatten Tierversuche beim Test von Dieselabgasen breite Empörung ausgelöst. Sie wurden durch US-Ermittlungen zur VW-Abgasaffäre bekannt. Affen waren dabei gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden. Die Tests mit den Affen waren Teil einer Studie, die beweisen sollte, dass die Diesel-Schadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich abgenommen hat. Deshalb hatte die EUGT sie beim US-amerikanischen Lovelace Respiratory Research Institute in Auftrag gegeben. Federführend war laut dem Studienleiter dabei VW.

VW entschuldigte sich am Wochenende für die in den USA durchgeführten Versuche. »Wir sind der Überzeugung, dass die damals gewählte wissenschaftliche Methodik falsch war. Es wäre besser gewesen, auf eine solche Untersuchung von vornherein zu verzichten«, teilte der Konzern am Samstag mit. Volkswagen distanziere sich klar von allen Formen der Tierquälerei. »Wir entschuldigen uns für das Fehlverhalten und die Fehleinschätzung Einzelner.« Auch der Autobauer Daimler distanzierte sich von den Studien und der EUGT. »Wir sind über das Ausmaß der Studien und deren Durchführung erschüttert«, hieß es in einer Stellungnahme.

In der Politik wird unterdessen der Ruf nach einer Aufklärung der Vorwürfe lauter. Der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Bernd Althusmann (CDU) bezeichnete die Tierversuche beim Test von Dieselabgasen als »absurd und unentschuldbar«. Althusmann sagte, er erwarte neben einer vollständigen Aufklärung und einem umfassenden Bericht an den Aufsichtsrat »harte personelle Konsequenzen« für diejenigen, die für diese Tierversuche verantwortlich seien. Das Land Niedersachsen ist VW-Großaktionär. »Zehn Affen stundenlang mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, um zu beweisen, dass die Schadstoffbelastung angeblich abgenommen habe, ist widerlich und absurd«, hatte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) gesagt.

Der Abgasskandal war im September 2015 ins Rollen gekommen. Damals hatte VW eingeräumt, bei Millionen von Dieselfahrzeugen bei Abgastests manipuliert zu haben. Volkswagen hatte dies in eine schwere Krise gestürzt, der Skandal hat den Konzern Milliarden gekostet. Auch bei anderen Autobauern wurden zum Teil drastische Abweichungen der Abgaswerte zwischen Prüfstand und Straße festgestellt. Die Neuzulassungen von Dieselfahrzeugen sinken seit Monaten. dpa/nd

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