Filialbusse und Geldtaxi statt Ortssparkasse

Viele Orte in Rheinland-Pfalz sind längst ohne Bank

  • Jens Albes, Neuwied
  • Lesedauer: 3 Min.

Anneliese Everdij drückt den grünen Knopf. Die Tür geht auf. Die 75-Jährige steigt in Roßbach/Wied im Westerwald in den kleinen roten Sparkassenbus. Im Minikundenraum überweist sie Geld. »Für mich ist das ein Segen«, sagt Everdij. Ähnlich äußern sich weitere Senioren ohne Auto, etwa Gisela Salz (80): »Es ist schön, dass von der Sparkasse Neuwied Herr Ludolf jede Woche kommt. Ich bin alleine. Ich kann auch nicht mehr Bus fahren.«

In seinem winzigen Schalterraum mit Panzerglas, Überwachungskameras, Internetverbindung und Satellitenüberwachung bedient Frank Ludolf (58) die überwiegend ältere Kundschaft. »Ich kenne alle mit Namen«, sagt er. Nun kommt Horst Kasakowsky (66) - er benötigt Wechselgeld für sein Geschenkartikel- und Blumengeschäft.

Gerhard Grün, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Neuwied, sagt: »Vor einigen Jahren haben wir aufgrund des veränderten Kundenverhaltens unsere Filiale in Roßbach geschlossen. Über unsere fahrbare Geschäftsstelle ist die Versorgung allerdings weiterhin gewährleistet.« In ganz Rheinland-Pfalz sinkt die Zahl der Sparkassen- und Bankenfilialen. Wie bleiben Geldinstitute in dem ländlich geprägten Bundesland dennoch in der Fläche präsent?

Der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz verweist auf mehrere Möglichkeiten neben den fahrbaren Zweigstellen: Online-Banking, Videochats, telefonische Betreuung und Hausbesuche bei Kunden. Und Bargeld gibt es auch nicht nur am Automaten und in Filialen. Eine Reihe von Sparkassen versorgt ihre Kunden zudem in Kooperation mit Dorfläden mit Geldscheinen. Mitunter kommt sogar ein Bargeldtaxi nach Hause.

»Online- und mobile Angebote sind längst nicht mehr nur ein Service, den die junge Generation abruft«, versichert Lena Haaff vom Sparkassenverband Rheinland-Pfalz. »Auch viele ältere Menschen schätzen die Bequemlichkeit, Bankgeschäfte online von Zuhause tätigen zu können.« Tipps dafür gibt es oft von den Kindern. Aber auch von den Geldhäusern. Grün sagt: »Wir haben bei uns nahezu jede Geschäftsstelle mit iPads und WLAN-Hotspots ausgestattet. Kunden mit Beratungsbedarf zeigen wir gerne auf ihren eigenen Geräten oder dem Sparkassen-iPad, wie sie sich zum Beispiel unsere Apps auf ihre Tablets oder Smartphones laden kann können und wie sie zu bedienen sind.«

Der Gang zu Kreditinstituten ist seltener geworden. Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) erklärte auf eine Kleine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion: »Der Sparkassenkunde etwa kommt im Durchschnitt einmal im Jahr in die Filiale, loggt sich hundertmal beim Online-Banking ein und nutzt zweihundertmal jährlich die Sparkassen-App.«

Die Branche ist unter Druck. Geschäftsstellen sind teuer, im Zinstief brechen Erträge weg, höhere Anforderungen der Regulierer lassen die Kosten steigen und auch der Ausbau digitaler Angebote ist nicht kostenlos. Kein Wunder, dass laut Minister Wissing allein im Jahr 2016 in Rheinland-Pfalz 71 Bankfilialen geschlossen worden sind. Ende 2016 gab es im Land demnach 917 Sparkassenfilialen und 885 Zweigstellen der Kreditgenossenschaften wie Raiffeisen- und Volksbanken. dpa/nd

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