Syrien soll erneut Giftgas eingesetzt haben

Serie von Luftangriffen auf Rebellengebiete / Hilfswerke warnen vor erzwungener Flüchtlingsrückkehr

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Regierungstruppen sollen bei den seit sieben Jahren andauernden Kämpfen in Syrien schon mehrfach C-Waffen eingesetzt haben - auch nachdem Damaskus 2013 der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) beigetreten war und seine Arsenale zur Vernichtung übergeben hatte. So machten internationale Ermittler das Assad-Regime im Vorjahr für Sarin-Angriffe verantwortlich. Jetzt soll ein Hubschrauber im Osten der Provinz Idlib eine Chlorgasbombe abgeworfen haben, wie die Zivilschutzgruppe Weißhelme und die oppositionelle Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag mitteilten. Die Rettungshelfer operieren mit westlicher Unterstützung in Rebellengebieten, die Beobachtungsstelle ist in Großbritannien ansässig. Ihre Angaben sind unabhängig kaum zu überprüfen. Die Bundesregierung zeigte sich »sehr besorgt«, habe aber keine eigenen Erkenntnisse.

Hinzu kommen Berichte von weiteren Luftschlägen in Idlib - unter Beteiligung russischer Kampfjets. Rebellen hatten jetzt erstmals eine Maschine vom Typ Su-25 abgeschossen. Aktivisten des Ghuta Medienzentrums meldeten am Montag 30 Angriffe in Ost-Ghuta. Dabei sollen 23 Zivilisten getötet und über 70 weitere verletzt worden sein. Idlib ist eine der letzten Hochburgen der überwiegend islamistischen Milizen. Diese töteten Zivilisten mit Raketen- und Mörserangriffen.

In New York wollte sich am Montag der UN-Sicherheitsrat mit dem Einsatz von C-Waffen in Syrien befassen. In der Vorwoche hatte Pentagon-Chef James Mattis Damaskus beschuldigt, weiterhin solche Massenvernichtungsmittel zu produzieren und einzusetzen. Das syrische Außenministerium wies die Anschuldigungen zurück. Man habe alle Bestände zur Vernichtung übergeben.

In Moskau hat man die bisherigen Ermittlungen ebenfalls als parteiisch und unzureichend in Frage gestellt und deshalb im Weltsicherheitsrat stets Veto eingelegt. Auch der renommierte Abrüstungsexperte Theodore Postol, emeritierter Professor am Massachusetts Institute of Technology. kritisierte das Fehlen verlässlicher Beweise; verwendete Daten seien gefälscht oder falsch ausgewertet. Einen von Frankreich dieser Tage initiierten neuen Mechanismus gegen die Straflosigkeit nach Chemiewaffen-Einsätzen konterte Russland mit einem eigenen Vorschlag für ein »internationales Untersuchungsorgan«, das »wirklich unparteiisch, unabhängig, professionell und glaubwürdig« sei - und scheiterte im Sicherheitsrat. Stichhaltige Beweise für die jüngsten Vorwürfe gibt es bislang noch nicht.

Internationale Hilfsorganisationen warnten derweil, dass Hunderttausende syrische Flüchtlinge trotz des anhaltenden Krieges gezwungen werden könnten, in ihre Heimat zurückzukehren. »Regierungen in Europa, den USA und in der Region um Syrien schließen ihre Landesgrenzen und sprechen offen über Rückführungsmaßnahmen bis hin zu erzwungenen Rückführungen«, hieß es am Montag. Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!