Wer soll das bezahlen?

Die Rede vom »kostenlosen Nahverkehr« führt in die Irre, meint Christian Baron

  • Christian Baron
  • Lesedauer: 1 Min.

Die herkömmlichen Ökonomie-Lehrbücher vertreten nur eine Theorie: die Neoklassik. Das ist so, als ob im Psychologie-Studium lediglich Sigmund Freud gelehrt würde oder in der Biologie ausschließlich der biblische Schöpfungsmythos auf dem Plan stünde. Nun dürfte keine akademische Disziplin einen solchen Einfluss auf den Alltagsverstand genommen haben wie die der Wirtschaftswissenschaften. Der Mensch gilt demnach als bloßer Nutzenmaximierer. Deshalb dreht sich alles immer stärker um die Frage der Kosten. Bedingungsloses Grundeinkommen, höherer Mindestlohn, bezahlbarer Wohnraum - wer ein Projekt ins Spiel bringt, das große Probleme lösen soll, der sieht sich als Spinner tituliert: »Wissen Sie denn nicht, was das kostet?«

Der Staat beklagt leere Kassen, er hält den Markt aber für ein Naturgesetz. Darum verteilt er von unten nach oben um, er verscherbelt öffentliches Eigentum und er begünstigt in seiner Steuerpolitik nur die Reichen. Wenn jetzt alle über »kostenlosen Nahverkehr« sprechen, dann können die Autolobby und ihre politischen Erfüllungsgehilfen jede weitere Diskussion mit der Kostenfrage ersticken. Dabei erschiene die Finanzierung mit den notwendigen Infrastrukturinvestitionen machbar, wenn die Politik andere ökonomische Ansätze beachten und wenn von »fahrscheinfreiem Nahverkehr« die Rede wäre, der die Umwelt entlasten und Mobilität als Grundrecht anerkennen würde.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -