- Politik
- Völkischer Nationalismus
Soll der Verfassungsschutz die AfD stärker ins Visier nehmen?
Stahlknecht: In Teilen der Partei verfestigt sich eine gefährliche Ideologie / Vertreter des völkisch-nationalistischen Flügels unter die Lupe nehmen
Berlin. Nach den rassistischen Äußerungen des sachsen-anhaltischen AfD-Chefs André Poggenburg gegen Türken mehren sich Forderungen, dass der Verfassungsschutz die Partei stärker ins Visier nimmt. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und Ressortchef von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), warnte vor einer gefährlichen Ideologie. Es wäre daher »ratsam, wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz im Verbund mit den Landesämtern die sich verfestigende Ideologie in Teilen der AfD oder der AfD in Gänze stärker in den Fokus nähme«, sagte Stahlknecht der »Welt am Sonntag«. Eine tatsächliche Beobachtung der Partei lehne er zum aktuellen Zeitpunkt jedoch ab.
Die Rede Poggenburgs beim Politischen Aschermittwoch der AfD im sächsischen Nentmannsdorf bei Pirna, in der er die Türkische Gemeinde in Deutschland diskreditierte und unter anderem von »Kümmelhändlern« und »Kameltreibern« sprach, hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoglu, kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft bereits eine Anzeige einer Privatperson wegen Volksverhetzung.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, bekräftigte seine Forderung, »jene Teile der Partei unter die Lupe zu nehmen, die offen völkisch-nationalistisches Gedankengut vertreten«. Teile der AfD suchten den Schulterschluss zu Pegida, zur Identitären Bewegung und zur Gruppierung »Ein Prozent«, »die allesamt fremdenfeindlich, rassistisch und in Teilen rechtsradikal sind«, sagte Lischka der »Welt am Sonntag«.
Der amtierende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte am Samstag der »Bild«-Zeitung gesagt, wer Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Abstammung diskriminiere, agiere »immer offener rassistisch und nationalistisch«. Teile der AfD seien »längst auf dem Weg, ein Fall für den Verfassungsschutz zu werden«.
»Viele Funktionäre und Amtsträger in der AfD sind Rechtsradikale oder stehen rechtsradikalem Gedankengut nahe«, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, im Gespräch mit »Faz.net«. Dies reiche nach seiner Auffassung aus, um eine Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz zu prüfen.
Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der »Welt am Sonntag«, eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz scheine berechtigt. Ähnlich äußerten sich seine Nachfolgerin, die Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock, und der stellvertretende Grünen-Faktionsvorsitzende im Bundestag, Konstantin von Notz.
Das Bundesinnenministerium erklärte auf Anfrage der Zeitung, dass das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz »die weitere Entwicklung der AfD aufmerksam verfolgen« würden. In der Gesamtbetrachtung würden der Partei derzeit aber »keine extremistischen Positionen zugerechnet« – diese sei daher kein Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz, sagte eine Sprecherin. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.