- Politik
- Asylpolitik in Ungarn
Orban droht Muslimen, Flüchtlingen und ihren Unterstützern
Ungarns Regierungschef sieht wegen Einwanderern »dunkle Wolken über Europa« und will Asylorganisatoren in ihrer Arbeit blockieren
Budapest. Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat in seiner hetzerischen Rhetorik gegen Einwanderer noch einmal nachgelegt: In seiner Rede zur Lage der Nation entwarf er am Sonntag finstere Szenarien für Europa. »Dunkle Wolken liegen wegen der Einwanderung über Europa«, sagte Orban vor Anhängern in Budapest. »Nationen werden aufhören zu existieren, der Westen wird fallen, während Europa nicht einmal bemerken wird, dass es überrannt wurde.«
Der Ministerpräsident warnte auch davor, dass europäische Großstädte schon bald eine überwiegend muslimische Bevölkerung haben könnten. Der Opposition warf er vor, »die Zeichen der Zeit« nicht zu erkennen. Sie sei »in einer hoffnungslosen Position«, weil sie den ungarischen Grenzzaun abgelehnt und die Regierung im Streit mit der EU um die Aufnahme von Flüchtlingen nicht unterstützt habe. »Ich verstehe nicht, wie sie die Menschen um Vertrauen bitten kann«, sagte der Regierungschef. Das Publikum schwenkte ungarische Flaggen. Auf dem Podium stand die Parole »Fürs uns, Ungarn zuerst«.
Orban ist bekannt für seine harte Haltung und bisweilen rassistische gegen Einwanderer. Auf dem Höhepunkt wachsender Flüchtlingszahlen im Jahr 2015 ließ er einen Grenzzaun errichten und stoppte damit die über die Balkanroute kommenden Flüchtlinge. Mit der EU streitet Orban über die von der Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützte Umverteilung von Flüchtlingen.
Zugleich drohte Orban allen Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) die Schließung an, die für die Rechte von Flüchtlingen und Asylbewerbern eintreten. »Wenn sie mit ihren gefährlichen Tätigkeiten nicht aufhören, werden wir sie einfach aus dem Land weisen, wie mächtig oder reich sie auch immer sein mögen«, sagte der rechts-nationale Politiker.
Das ungarische Parlament beginnt am kommenden Dienstag mit der Erörterung eines Gesetzespakets, das neue Repressionen gegen NGOs aus dem Bereich der Flüchtlingshilfe beinhaltet. Es sieht eine 25-prozentige Strafsteuer für materielle Hilfen aus dem Ausland sowie die Verhängung eines Aufenthaltsverbots für NGO-Mitarbeiter in grenznahen Zonen des Landes vor.
Weiter muss eine Zivilorganisation, die Flüchtlingen und Asylbewerbern helfen will, künftig über eine Genehmigung des Innenministeriums verfügen. NGOs, die sich nicht an diese Bestimmung halten, können mit hohen Geldstrafen belegt und schließlich behördlich aufgelöst werden.
Für das Gesetz, das ein Verbot von NGOs ermöglicht, braucht die Orban-Regierung eine Zweidrittelmehrheit, über die sie derzeit nicht verfügt. Es wird damit gerechnet, dass dieses Gesetz oder sogar das ganze Gesetzespaket erst nach der Parlamentswahl am 8. April zur Abstimmung gelangen wird.
Der 54-jährige Chef der nationalkonservative Fidesz-Partei bewirbt sich bei der Parlamentswahl im April für eine dritte Amtszeit. In Umfragen kommt Fidesz derzeit auf um die 50 Prozent, während die stärkste Oppositionspartei Jobbik lediglich bei weniger als 20 Prozent der bereits entschlossenen Wähler liegt. Vor vier Jahren hatte die Fidesz allerdings bei der Parlamentswahl noch eine Dreiviertelmehrheit geholt. Agenturen/nd
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