Lobeshymnen auf die GroKo

Kritische Stimmen zu Schwarz-Rot kommen in der SPD nicht gleichberechtigt zu Wort

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Gegner und Befürworter einer Großen Koalition in der SPD werben derzeit weitgehend getrennt für ihre Anliegen. Die Jusos und ihre Unterstützer haben eine eigene Tour gegen die Fortsetzung von Schwarz-Rot gestartet. Derweil bearbeitet die Parteispitze bei Regionalkonferenzen die Basis, um eine mehrheitliche Zustimmung zu erreichen. Am Wochenende hatten die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles und Übergangschef Olaf Scholz, der zugleich Hamburger Bürgermeister ist, die etwa 650 anwesenden Parteimitglieder in der Hansestadt dazu aufgerufen, für den Koalitionsvertrag mit der Union zu votieren.

Die Regionalkonferenzen der Sozialdemokraten sind nicht presseöffentlich, nur bei einzelnen Mitgliederversammlungen sind Journalisten erwünscht. Zudem will man dort möglichst wenige kritische Stimmen hören. Die Parteilinke und Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis empörte sich kürzlich im Kurznachrichtendienst Twitter, dass bei den Regionalkonferenzen kein Statement der Kampagne »NoGroKo« geplant sei. Die SPD hatte bei einem Sonderparteitag eigentlich beschlossen, dass die Debatte um die Regierungsbeteiligung der Partei von »besonderer Fairness gekennzeichnet« sein müsse. »So werden Beschlüsse umgesetzt! Tolle Fairness!«, schrieb Mattheis mit sarkastischem Unterton.

Kritisch äußerte sich auch die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange, die Ende April bei der Vorstandwahl gegen Nahles antreten will. Lange monierte, dass den Sozialdemokraten neue Ideen fehlten und Nahles bei ihrer Werbekampagne für die Fortsetzung von Schwarz-Rot an der Parteibasis den gemeinsamen Auftritt mit dem Juso-Vorsitzenden und GroKo-Gegner Kevin Kühnert scheue. Nahles sagte dazu nach einer Veranstaltung im nordrhein-westfälischen Kamen am Sonntag lediglich: »Die GroKo-Gegner kommen nicht zu kurz.«

Neuer Ärger droht der SPD-Spitze mit ihren internen Kritikern, nachdem nun die Abstimmungsunterlagen an die mehr als 460 000 Parteimitglieder versandt worden sind, die über die Annahme des Koalitionsvertrags mit der Union entscheiden werden. Den Unterlagen ist nämlich ein zweieinhalb Seiten langes Schreiben beigefügt, in dem die Führung der Sozialdemokraten für das angestrebte Bündnis mit der Union wirbt und den Koalitionsvertrag über den grünen Klee lobt. Auf Kritik an der schwarz-roten Vereinbarung wurde verzichtet.

Sympathiepunkte werden die Spitzengenossen mit diesem Vorgehen sicherlich nicht sammeln. Nichtsdestotrotz zeigen sie sich bereits jetzt siegesgewiss, obwohl das Ergebnis des Mitgliederentscheids erst am 4. März vorliegen soll. Nach den Erfahrungen bei den ersten Basiskonferenzen erklärte Nahles, dass sie mit einer mehrheitlichen Zustimmung der Mitglieder rechne. Bei den Veranstaltungen werden offenbar nicht nur Argumente über den Koalitionsvertrag ausgetauscht. Viele Mitglieder sollen dort außerdem vor chaotischen Zuständen gewarnt haben, wenn es zu Neuwahlen kommen würde. Die Parteispitze kann sogar vor dem Horrorszenario warnen, wonach die AfD die Sozialdemokraten überholen könnte. Im aktuellen »Insa-Meinungstrend« für die »Bild«-Zeitung lag die SPD mit nur noch 15,5 Prozent erstmals in einer bundesweiten Umfrage knapp hinter der rechten Partei, für die sich 16 Prozent entscheiden würden.

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