Angriffe auf Ost-Ghuta gehen weiter
UN-Sicherheitsrat scheitert mit Waffenstillstandsresolution / Hilfsorganisationen fordern Waffenruhe
Berlin. Den sechsten Tag in Folge haben syrische Regierungstruppen ihre heftigen Angriffe auf das belagerte Rebellengebiet Ost-Ghuta fortgesetzt. Mindestens neun Zivilisten seien bei Bombardierungen aus der Luft und durch Beschuss mit Artillerie getötet worden, meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag.
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, hat eindringlich eine Waffenpause in Ost-Ghuta und Damaskus gefordert. Dies betreffe sowohl die schweren Bombardements auf die belagerte Enklave Ost-Ghuta als auch den wahllosen Beschuss mit Mörsergranaten auf die syrische Hauptstadt Damaskus, zitierte eine UN-Sprecherin am Freitag in Genf den Sondergesandten. Er rief beide Seiten auf, zur Deeskalation der Lage beizutragen. Es dürfe kein zweites Aleppo geben.
Eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zum Syrien-Konflikt war in der Nacht zu Freitag (Ortszeit) in New York ohne Einigung über eine Waffenruhe zu Ende gegangen; die Vetomacht Russland blockierte einen Beschluss. Diplomaten hielten aber noch am Freitagabend nach weiteren Beratungen eine erneute Abstimmung für möglich. Schweden und Kuwait hatten einen Resolutionsentwurf in Umlauf gebracht, der eine 30-tägige Feuerpause sowie Zugang für humanitäre Helfer vorsieht.
Angesichts der dramatischen Lage in Syrien haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron gemeinsam an den russischen Präsidenten Wladimir Putin appelliert. In einem Schreiben mahnten sie ihn am Freitag, auf eine Waffenruhe im belagerten Rebellengebiet Ost-Ghuta hinzuwirken, wie es am Rande des EU-Gipfels in Brüssel aus deutschen Regierungskreisen hieß.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht Kämpfer des Terrornetzwerks Al-Qaida als Hauptproblem für die Friedensbemühungen. Die Terroristen nutzten die Zivilbevölkerung in dem Vorort von Damaskus als lebendigen Schild, sagte Lawrow am Freitag in Moskau. Sie wollten sich damit selber schützen und suchten nur einen Vorwand, um der syrischen Regierung und deren Unterstützern Verletzungen des Kriegsvölkerrechts vorzuwerfen.
Russland sei im Prinzip bereit, eine UN-Resolution über eine Waffenruhe für Ost-Ghuta mitzutragen, sagte Lawrow wenige Stunden vor einer weiteren Sitzung des Weltsicherheitsrates. »Aber wo sind die Garantien, dass die Rebellen die humanitäre Feuerpause einhalten, und wo sind die Garantien, dass sie nicht weiter Granaten auf Wohnviertel von Damaskus abfeuern?«, fragte er der Agentur Interfax zufolge.
Unterdessen verurteilten Hilfswerke das Scheitern einer Resolution im UN-Sicherheitsrat für eine Feuerpause in Syrien. Jakob Kern vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen forderte im Deutschlandfunk ebenfalls eine Waffenruhe, um den rund 400 000 eingeschlossenen Menschen in Ost-Ghuta dringend benötigte Lebensmittel bringen zu können. Solange weiter gekämpft werde, sei die Lieferung von Hilfsleistungen zu gefährlich, sagte Kern. Agenturen/nd Seite 7
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