Vollmundig ins Abseits gespielt
Steffi Jones muss beim SheBelieves Cup beweisen, dass sie eine gute Trainerin für die deutschen Fußballerinnen ist
Den richtigen Ton zu treffen, ist nicht einfach. Leichter wird es, wenn man genau weiß, was man tut. Diesen Eindruck vermittelt Steffi Jones bislang nicht. Seit anderthalb Jahren ist die 45-Jährige Bundestrainerin der deutschen Fußballerinnen. »Positive Arroganz« - von dieser verstörenden Forderung an ihre Spielerinnen aus den Anfangstagen ist nichts mehr zu hören. Stattdessen scheinen die Olympiasiegerinnen von 2016 in kürzester Zeit ihr lange aufgebautes Selbstvertrauen verloren zu haben.
Schon am ersten Ziel scheiterte Steffi Jones. »Natürlich wollen wir Europameister werden«, hatte sie vor dem Turnier im vergangenen Sommer angekündigt. Nach sechs Titelgewinnen in Serie war diesmal im Viertelfinale Schluss. Und aus einer Selbstverständlichkeit ist mittlerweile eine ernste Herausforderung und somit das nächste große Ziel geworden: die WM-Qualifikation. Weil die DFB-Fußballerinnen am 20. Oktober 2017 erstmals nach 20 Jahren sowie insgesamt 68 EM- und WM-Qualifikationsspielen mal wieder verloren hatten - mit 2:3 gegen die Isländerinnen.
Zweifel an der Berufung von Steffi Jones durch den Deutschen Fußball-Bund gab es von Beginn an. Zu Recht. Weil sie beispielsweise zuvor noch nie eine Mannschaft trainiert hatte. Dabei war der Plan ein ganz anderer: »Ich möchte die erste Frau werden, die eine Männer-Bundesligamannschaft trainiert.« Das sagte sie 2007, nachdem sie ihren Trainerschein gemacht hatte - in einem Kurzlehrgang für verdiente Nationalspieler. So etwas war damals noch möglich.
Das Selbstbewusstsein als Trainerin kann bei Jones nur aus ihrer erfolgreichen Zeit als Spielerin stammen. Dass sie sich mit der enormen Entwicklung des Spiels seitdem auseinandersetzt, sollte vorausgesetzt sein. Die Aufgaben aber, die immer mehr Gegner mit neuen taktischen Varianten, Spielsystemen und verbesserter Athletik stellen, konnte sie noch nicht wirklich lösen. Geht es schief, ist wie nach der Niederlage gegen Island das Team Schuld: »Es ist sehr ärgerlich. Wir haben die Mannschaft bestens vorbereitet. Sie wusste, was sie erwartet, und wollte alles geben. Aber das war nicht der Fall. Den Worten müssen auch mal Taten folgen.« Ähnlich reagierte sie nach dem EM-Aus.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, dass Jones ihren Worten Taten folgen lassen kann. Schon an diesem Freitag sind alle etwas schlauer. Dann hat sie mit ihrem Team das erste Spiel beim diesjährigen SheBelieves Cup in den USA bereits hinter sich - gegen die Gastgeberinnen, als Weltmeister ein wahrer Härtetest. Danach warten mit England und Frankreich ähnlich starke Gegner. Dass sich die Bundestrainerin überhaupt noch beweisen darf, verdankt sie einem einzigen Sieg im November. Nachdem sich Jones vollmundig ins Abseits gespielt hatte, setzte der DFB die Partie gegen Frankreich als Ultimatum.
Über die Aussagekraft von Freundschaftsspielen kann man diskutieren. Die Zweifel jedenfalls sind geblieben. Die forschen Töne auch. »Wir wollen jedes Spiel gewinnen«, sagte Jones vor dem ersten Anpfiff in den USA. Sollte wieder sehr viel schiefgehen, könnte es zur ersten Trainerentlassung beim Nationalteam der Frauen kommen.
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