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High-Tech-Rost verkauft sich schlecht

Bundeswehr sagt deutschem Werftkonsortium ab, dabei war die Marine mal wichtiger Referenzpartner für Exporte

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Rüstungsgegner könnten der deutschen Industrie schon ein klein wenig dankbar sein. Denn nicht nur beim Bau des Hauptstadtflughafens oder des Stuttgarter Bahnhofs sind Versager im Spiel. Am Donnerstagabend hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr mitgeteilt, dass das Konsortium von ThyssenKrupp und Lürssen-Werft nicht länger am Bieterverfahren zum Bau der MKS-180-Serie beteiligt ist. Nicht nur, dass man den deutschen Werften nicht zutraut, so ein neues Schiff problemfrei zum Schwimmen zu bringen. Auch die Kosten von rund vier Milliarden Euro sollen jenseits der Realitäten sein.

Die schroffe Absage dürfte auch Auswirkungen für den weiteren Export von Kriegsschiffen haben. Bislang stellte sich Hauptlieferant ThyssenKrupp Marine Systems als »einer der führenden europäischen Systemanbieter von nicht-nuklearen U-Booten und Marineschiffen« dar. Man blicke, so hieß es, auf »eine Jahrhunderte lange Tradition im Schiffsbau zurück und verfügt zugleich über die Technologien und Expertise, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden«.

Vor einigen Tagen ist die »Sachsen-Anhalt« zur sogenannten Werfterprobung ausgelaufen. Die Fregatte der 125er-Klasse ist die dritte und damit vorletzte derartige von ThyssenKrupp Marinesystems gebaute. Über rund zwei Wochen werden die schiffstechnischen Systeme und Anlagen sowie die Manövriereigenschaften getestet. Dabei kann es zu bösen Überraschungen kommen. Siehe Schwesterschiff »Baden-Württemberg«. Nach deren Werfterprobung Ende vergangenen Jahres ging das Schiff nicht in den Dienst, sondern zurück an die Hamburger Werft Blohm + Voss, die seit 2015 zu ThyssenKrupp gehört. Der Mängelbericht listet nicht nur Probleme mit der elektronischen Ausrüstung oder der Wasseraufbereitung auf. Auch konstruktiv ging wohl einiges schief. Der Kahn hat eine permanente Schlagseite von 1,3 Grad, die sich nicht einfach durch mehr Ballast ausgleichen lässt, weil die Fregatte ohnehin schon um 178 Tonnen zu schwer ist. Mit Spannung wartet man auf den Mängelbericht Nummer zwei von der »Nordrhein-Westfalen«.

Auch um das bereits in Dienst befindliche Material der Deutschen Marine steht es nicht gut. Daher forderte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), Deutschland sollte keine neue maritime Mission für NATO, EU oder Vereinte Nationen mehr annehmen.

Die Bundeswehr verfügt derzeit über 13 Fregatten. Allerdings sind die vier Schiffe der 122er-Klasse bereits außer Dienst gestellt. Vom Rest standen im vergangenen Jahr durchschnittlich sechs Einheiten zur Verfügung, fünf davon waren sogar materiell einsatzbereit, erklärte das Verteidigungsministerium in einem aktuellen Bericht über die Hauptwaffensysteme. Die anderen würden modernisiert. Die so mögliche Verlängerung der Nutzungsdauer für die Fregatten 123 bis 2030 werde sich positiv auf den Gesamtbestand auswirken, hofft man in der Marineführung. Von den fünf K-130-Korvetten - der Bau weiterer fünf ist beschlossen - sind immerhin drei eingeschränkt einsatzfähig.

Was man von keinem der sechs deutschen U-Boote sagen kann. Die beim Antrieb außenluftunabhängigen 212A-Boote sind angeblich technisch in der Weltspitze, doch offenbar überzüchtet. Ein Beispiel sind die Lithiumbatterien. In zwei Booten weisen sie bereits nach sechs Betriebsjahren irreparable Schäden auf. Eigentlich sollten die Akkus mindestens acht Jahre halten. Das zusätzliche Problem: Die Lieferzeit für eine Batterie beträgt rund ein Jahr.

Da muss die französische Konkurrenz von ThyssenKrupp sich nicht groß anstrengen, wenn sie ihre U-Boote vom Typ »Scorpene« anpreist. Mit einem Hinweis auf ihre traditionelle Bleibatterietechnik schnappten die Franzosen ThyssenKrupp den 35-Milliarden-Euro-Auftrag zur Erneuerung der australischen Marine weg. Auch das aufstrebende Indien vertraut eher Paris.

Nun macht die französische Naval Group Italien schöne Augen. Man will erreichen, dass dessen Marine von den deutschen U212A-Konstruktionen auf die »Scorpene« umsteigt. Insgesamt sechs Boote will Rom beschaffen und die Verträge für zwei bereits in diesem Jahr abschließen. Gesamtkosten: eine Milliarde Euro. Kommt es nach dem Parlamentswahlen am Wochenende zu dem erwarteten Regierungswechsel, hat man den Auftrag so gut wie im Sack, hört man aus Paris.

Nachdem Korruptionsvorwürfe bis in die Regierungsspitzen Israels hinein weitere U-Boot-Geschäfte, die zum Gutteil mit deutschen Steuergeldern bezahlt werden, fraglich machen, bleibt jetzt nur noch Norwegen. Es geht um eine Weiterentwicklung der aktuellen 212er-Klasse. Oslo will vier U-Boote auf der Kieler Werft ThyssenKrupp Marine Systems bauen lassen, die deutsche Marine zwei weitere identische Einheiten. Damit das Geschäft auch in Sack und Tüten bleibt, haben die deutsche und die norwegische Marine eine weitreichende Kooperation vereinbart. Gemeinsam soll eine neue Generation von maritimen Flugkörpern entwickelt werden, die über große Entfernungen hinweg gegen See- und Landziele einsetzbar sind. Auch bilaterale Ausbildungen und Übungen kommen hinzu.

So hofft man, die Einsatzbereitschaft der Marine auf beiden Seiten langfristig zu stärken. Auch, um wieder mehr Waffen in alle Welt zu verkaufen.

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