- Politik
- Umweltminister in Schleswig-Holstein
Habeck hat seinen »Traumnachfolger«: Jan Philipp Albrecht
Bisheriger Europaabgeordneter ersetzt neuen Grünen-Vorsitzenden in der Kieler Regierung
Die Frage, wer in der schleswig-holsteinischen Jamaika-Koalition den grünen »Superminister« Robert Habeck beerben wird, ist entschieden: Jan Philipp Albrecht wird in Kiel neuer Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Digitalisierung.
Albrecht, 35-jähriger Europaabgeordneter der Grünen, ist für die Habeck-Nachfolge allerdings nicht für alle die Wunschbesetzung. Doch der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz hatte als eigentlicher Favorit auf den Posten seinem Landesverband einen Korb gegeben. Habeck, der nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden bei Bündnis 90/Die Grünen Ende Januar in Hannover sein jetziges Ministeramt nur noch bis Ende September ausüben will, sprach bezogen auf die Personalentscheidung allerdings von seinem »Traumnachfolger«.
Der fünfköpfige grüne Landesvorstand hatte sich einstimmig für Albrecht ausgesprochen, am Samstag nickte dann auch der Landesparteirat ohne Gegenstimme die Entscheidung ab. Der Jurist ist seit 2009 Europaabgeordneter seiner Partei für Hamburg und Schleswig-Holstein. Der gebürtige Braunschweiger mit familiär französischen Wurzeln gilt als über Parteigrenzen hinweg angesehener Fachmann für Datenschutz und Digitalisierung. In Umweltfragen und in der Agrarpolitik hat er allerdings noch keine Meriten erworben. Landwirte habe er in seiner Verwandtschaft, er sei zwischen Kornfeldern und Zuckerrüben aufgewachsen, baut Albrecht eine thematische Brücke. Selbstbewusst spricht der momentan noch zwischen Hamburg, Brüssel und Straßburg pendelnde Mittdreißiger von seiner Erfahrung, über Parteilager hinweg Kompromisse eingehen zu können - eine Eigenschaft, die im schleswig-holsteinischen Jamaikabündnis mit CDU und FDP nicht unbedeutend ist.
Der »Neue« weiß, in welch große Fußstapfen er sich begeben wird, und meint wohl auch deshalb demütig: »Ich werde viel lernen müssen!« Bereits bis zur Amtseinführung plant er Bauernhofbesuche und viele Gespräche, bei denen er vor allem erst einmal zuhören möchte. Der Weg für Albrecht war vor allem frei, weil die grüne Finanzministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Monika Heinold, die einflussreiche Kursbestimmerin ihrer Partei im nördlichsten Landesverband, den externen Kandidaten billigte. Thomas Losse-Müller, bis zum Regierungswechsel 2017 Leiter der Staatskanzlei im Kabinett von Torsten Albig (SPD), fiel bei ihr hingegen durch.
Albrecht, der 2012 Initiator und Ausrichter des seither überregional stattfindenden kritisch gesinnten Polizeikongresses gewesen ist, bekommt in den eigenen Reihen bereits jetzt reichlich Vorschusslorbeeren, die sogar so weit gehen, dass er für die nächste Landtagswahl 2022 in Schleswig-Holstein als grüner Spitzenkandidat gehandelt wird.
Freundliche Willkommenstöne gegenüber Albrecht gab es in ersten Pressestatements von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Tobias Koch und dem FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Auch Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) bot dem designierten neuen Minister eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an.
Für das FC St. Pauli-Mitglied Albrecht wird im Herbst Romeo Franz aus Rheinland-Pfalz ins EU-Parlament nachrücken. Er ist geschäftsführender Direktor der Hildegard Lagrenne-Stiftung, die sich für die Rechte der Sinti und Roma in Deutschland und Europa einsetzt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!