Die Angst vor den Scheichs

Paris war gegen Real chancenlos. Wie die Geldgeber aus Katar auf das erneut frühe Aus in der Champions League reagieren, ist noch unklar

  • Emilio Rappold und Christian Böhmer, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Kaum war der Abpfiff ertönt, rannte Unai Emery in die Kabine. Nach der 1:2-Heimpleite seines Vereins Paris Saint-Germain gegen Real Madrid, die nach dem 1:3 im Hinspiel erneut das Aus im Achtelfinale der Champions League besiegelte, wird der Fußballtrainer wohl spätestens zu Saisonende gehen müssen. Sein Vertrag läuft nach zwei Jahren ohnehin aus. An der Seine geht nun aber auch die Angst um, dass die Ölscheichs aus Katar, die das »Projekt Paris« seit 2011 mit vielen Hunderten Millionen Euro finanzieren, den Geldhahn zudrehen.

Kaum eine Zeitung titelte am Mittwoch dann treffender als die spanische »Mundo Deportivo«: »Scheich matt«. Der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, verließ die Ehrentribüne nach dem Platzverweis von Marco Verrati schon Mitte der zweiten Halbzeit sichtlich enttäuscht. Die rund 400 Millionen Euro, die er im vergangenen Sommer für Superstar Neymar und »Wunderkind« Kylian Mbappé ausgab, zahlen sich (noch?) nicht aus. Dass der am Fuß verletzte Neymar im Rückspiel fehlte, wird den Emir kaum trösten. Seine »rechte Hand«, Klubchef Nasser al-Khelaifi, beteuerte, man werde in Zukunft weiterhin auf die beiden Stürmer bauen. Emery erwähnte er nicht.

Dem 46 Jahre alten Basken werden fast genau ein Jahr nach dem 1:6-Achtelfinaldesaster in Barcelona nicht nur die schlechten Ergebnisse, sondern auch viele taktische und personelle Fehlentscheidungen angelastet. Auch Bundestrainer Joachim Löw wunderte sich auf der Tribüne des Prinzenparks über die taktische Ausrichtung der Pariser, mit drei eher defensiven Mittelfeldkräften, die die Offensivabteilung mit Edinson Cavani, Angel de Maria und Mbappé kaum in Szene setzen konnten.

In Frankreich herrschte derweil kaum Mitleid mit den Parisern. Ganz im Gegenteil: Das Millionärsensemble wurde von Medien, aber auch von Fans und Profis anderer Klubs mit Häme überschüttet. Senegals Nationalspieler Issa Cissokho vom SC Amiens twitterte: »Wenn die Schiris nicht so pfeifen wie in der Ligue 1, ist es zwangsläufig ausgeglichener.« Die französische Zeitung »La Provence« machte sich über »La Degringolada«, so etwas wie den »chaotischen Untergang« von PSG lustig. Das Blatt widmete dem aus Marseille stammenden Real-Trainer Zinedine Zidane sogar eine Lobeshymne in Gedichtform. Bei der Suche nach einem Ersatz für Emery soll »Zizou« nach Medienberichten neben dem früheren Barca-Trainer Luis Enrique und Brasiliens Nationalcoach Tite ganz oben auf der »Wunschliste« der Ölscheichs stehen.

Zidane saß wegen des frühen Aus der Königlichen im nationalen Pokal und wegen des schlechten Abschneidens in der Primera División, wo man die Titelverteidigung bei 15 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Barcelona bereits abgeschrieben hat, lange auf dem Schleuderstuhl. Doch zum richtigen Zeitpunkt beweist er Qualitäten eines Stehaufmännchens. »Eine neue Meisterleistung von Zidane«, lobte die Zeitung »Marca«.

In der Tat: Dass der Coach in der mutmaßlichen Hölle von Paris Leistungsträger wie Gareth Bale, Isco, Luka Modric und Toni Kroos auf der Bank ließ und dafür junge Leute wie Asensio und Lucas Vázquéz aufs Feld schickte, zeugt von Charakter. Die Rechnung ging auf, Madrid setzte sich souverän durch und hätte auch deutlich höher gewinnen können. Drei Mal rettete der Pfosten den guten PSG-Torwart Alphonse Areola. In der Kabine umarmte der Coach stolz und sichtlich bewegt jeden einzelnen seiner Spieler.

Das Erfolgsgeheimnis laut Zidane: »Wir glauben an das, was wir machen.« Kroos, der nach einer Bänderdehnung im linken Knie in den letzten 20 Minuten ein gutes Comeback feierte, twitterte: »Next round and back in business. Good day.« Freude, aber keine Spur von Euphorie bei den Madrileños. Kapitän Sergio Ramos erklärt: »Wir haben noch nichts gewonnen.« Bescheidenheit ist am Bernabéu Trumpf. dpa/nd

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