Seiteneinstieg in den Lehrerberuf

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) präsentiert Konzept für die Qualifizierung

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Selten liegt Politikversagen so klar auf der Hand wie in diesem Fall. Mindestens 15 Jahre vorher konnte sich das Bildungsministerium ziemlich genau ausrechnen, dass es nun wegen der Pension vieler alter Kollegen eine hohe Zahl neuer Lehrer benötigt. Es hätte rechtzeitig auf Vorrat ausgebildet und eingestellt werden müssen. Doch Brandenburg hat diese Möglichkeit - so wie andere Bundesländer auch - verschlafen, beziehungsweise aus finanziellen Erwägungen darauf verzichtet.

Nun bleibt der neuen Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), die unschuldig an der Misere ist, nichts anderes übrig, als massiv auf Seiteneinsteiger zurückzugreifen. 9,6 Prozent der 19 500 brandenburgischen Lehrer sind bereits Seiteneinsteiger. Bei den Neueinstellungen liegt der Anteil der Quereinsteiger bei 21 Prozent und wird voraussichtlich noch auf 50 Prozent klettern. 600 bis 800 Kollegen verabschieden sich pro Jahr in den Ruhestand, ab 2021 werden es sogar 900 sein, erläuterte Ernst am Freitag, als sie das Konzept der rot-roten Regierung zur Qualifizierung von Seiteneinsteigern vorstellte. Für die Umsetzung des Konzepts werden für die Zeit ab 2019 rund 13,1 Millionen Euro jährlich veranschlagt.

»Mit dem Konzept haben wir die Instrumente, mit denen wir fähige neue Lehrkräfte ausbilden können«, versicherte Ernst. »Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger sind uns willkommen. Mit ihrer Lebenserfahrung, ihren beruflichen und menschlichen Kompetenzen sind sie eine Bereicherung für den Schuldienst. Der Lehrkräftebedarf in den nächsten zwölf Jahren wird nur mit Hilfe der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger zu decken sein.«

Gesucht werden Quereinsteiger vor allem für naturwissenschaftliche Fächer und als Grundschulpädagogen. Der Kreis der Seiteneinsteiger wird erweitert. In Frage kommen künftig nicht nur Hochschulabsolventen wie Physiker oder Mathematiker, sondern auch Männer und Frauen mit Fachhochschulabschluss. Ihnen winkt ein Einstiegsgehalt zwischen 2500 und 3800 Euro brutto im Monat. Damit bleiben sie vorerst hinter den ordentlich ausgebildeten Lehrern zurück. Ziel ist es zwar prinzipiell, die Seiteneinsteiger zu vollgültigen Lehrern heranzuziehen. Für eine Verbeamtung sind jedoch zwei Unterrichtsfächer Bedingung, und zu alt dürfen die Leute auch nicht sein. Wer diese Hürden nicht nehmen kann, darf als angestellter Lehrer aber auch mit einem Unterrichtsfach im Schuldienst bleiben.

Seiteneinsteiger, die noch während des gegenwärtig laufenden Schuljahres eingestellt werden, müssen das seit 2016 bestehenden Qualifizierungsprogramm durchlaufen. Es umfasst 40 Stunden Grundlagenbildung und 200 Stunden zu pädagogischen und fachdidaktischen Fragen. 350 Seiteneinsteiger haben bereits derartige Lehrgänge gemacht. Ab August 2018 wird das Programm um 60 Stunden schulpraktische Ausbildung erweitert. Dazu kommen noch 200 Stunden Selbststudium.

Die Seiteneinsteiger erhalten Arbeitsverträge, die auf 15 Monate befristet sind. In den ersten drei Monaten werden sie ausschließlich ausgebildet. Dann dürfen sie bereits unterrichten, ihre Qualifizierung läuft aber parallel weiter. Nach Ablauf der 15 Monate wird entschieden, ob sich die Bewerber bewährt haben. Ist das der Fall, wird ihr Arbeitsvertrag entfristet. Sie müssen aber auch dann noch immer weiter dazulernen.

Die Qualifizierungen sollen an der Universität Potsdam und an der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg erfolgen. Es ist beabsichtigt, ab 2019/20 bis zu zehn zusätzliche Schulräte einzustellen, die sich um die dreimonatigen Grundkurse kümmern. Lehrern, die den Seiteneinsteigern an den Schulen helfen, soll eine Zulage von bis zu 100 Euro monatlich gewährt werden.

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