Ganz neue Probleme

Was bei den Fußballern Alltäglichkeit ist, macht sich zunehmend auch am Rande der Golfturniere breit: Beschimpfungen durch betrunkene Fans

  • Nicolas Reimer, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.

Als der Name seiner Gattin fiel, hatte Rory McIlroy endgültig genug. Schnurstracks lief Nordirlands Golfstar einem alkoholisierten Störenfried entgegen, brachte seinen Ärger über die geschmacklosen Rufe zum Ausdruck - und ließ den Schreihals kurzerhand entfernen. »Ich habe das Gefühl«, sagte McIlroy später, »dass solche Vorfälle immer häufiger vorkommen.«

Tatsächlich mehren sich die kritischen Worte der Ballvirtuosen, die für ihren perfekten Schlag höchste Konzentration benötigen. Mucksmäuschenstill sollte es bestenfalls sein. Gerade in den USA verstoßen allerdings immer häufiger Fans gegen die Etikette. Sie stören die Abläufe, bepöbeln die Spieler - und Schuld daran ist meistens der Alkohol.

»Ich verstehe ja, dass die Leute ihren Spaß haben wollen. Aber wenn es persönlich wird, muss man einfach reagieren«, erklärte McIlroy, dessen Vorfall sich erst kürzlich bei den »Arnold Palmer Invitationals« ereignete. Ende Februar hatte bereits der Weltranglistenzweite Justin Thomas (USA) einen Quälgeist vom Kurs entfernen lassen.

McIlroy forderte deshalb, den Verkauf alkoholischer Getränke auf den Anlagen zu stoppen oder zumindest zu reduzieren. Bei den Verantwortlichen der PGA Tour stößt dieser Vorschlag allerdings (noch) auf taube Ohren, zu wichtig sind die Einnahmen der zahlenden Zuschauer. »Das ist nun mal der Preis, wenn man neue Fans gewinnen will. Das müssen unsere Spieler einfach akzeptieren«, sagte Commissioner Jay Monahan. Eine wenig ausgereifte Erklärung lieferte er nach: »In jedem Sport gibt es Auswärtsspiele, wo die Leute nun mal gegen dich sind.«

Im betulichen Golfsport ist dies allerdings anders, wirklich hitzige Auswärtsduelle gibt es nur alle zwei Jahre beim Ryder Cup zwischen den USA und Europa. Auch dort fließt der Alkohol, auch dort brüllen die Fans - größtenteils sind das allerdings anfeuernde Schlachtrufe und keine Schmähgesänge unterhalb der Gürtellinie.

Die sind im Alltag tatsächlich weniger auf der European Tour, sondern eher bei den Turnieren in den USA zu vernehmen. Zwar twitterte US-Profi James Hahn in dieser Woche am Rande der »World Golf Championship«, es »mein Fehler war, von den Fans nicht das Schlechteste erwartet zu haben.« Tendenziell richten sich die Rufe der patriotischen US-Anhänger aber eher an Spieler wie Rory McIlroy oder den Spanier Sergio Garcia, Golfer also, die in der Vergangenheit schon beim Ryder Cup stets für ein Aufkochen der Emotionen gesorgt hatten.

Der Ryder Cup findet in diesem Jahr in Europa statt. Vom 28. bis 30. September werden sich die besten Spieler Nordamerikas und Europas in Paris begegnen. Anfeindungen sind dort wohl eher weniger zu befürchten. Und sollte es doch dazu kommen, bleibt den Spielern eben nur der eine Ausweg, den jüngst Rory McIlroy und zuvor auch schon Sergio Garcia aus Spanien wählten: »Der Typ hat mir keine sonderlich freundlichen Sachen zugerufen«, so umschrieb Garcia seine Erfahrung mit einem unflätigen Golfzuschauer, »ich habe ihn deshalb der Polizei gemeldet und entfernen lassen.« SID/nd

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