Hoffnung für Freundschaftssymbol

Potsdamer LINKE will das seit langem leerstehende Terrassenrestaurant »Minsk« erhalten

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Über Geschmack lässt sich immer streiten, aber mit Blick auf die alte und die neue Schwimmhalle in Potsdams Mitte gelangt man zu einem recht eindeutigen Befund: Eckig und protzig verdeckt das neuerbaute Schwimmhaus »Blu« die Sicht auf den Brauhausberg. Mag sein, dass es damit architektonisch zum gegenüberstehenden Hauptbahnhof passt, zur kleinteiligen Architektur Potsdams passt es ganz bestimmt nicht.

Hinter dem »Blu« steht einstweilen noch die inzwischen ausgediente Schwimmhalle aus DDR-Zeiten, die sich mit ihrem Dachschwung geradezu anmutig in die grüne Umgebung einpasst. Zur bewegten Vorgeschichte des Areals gehört auch der gescheiterte Plan, an diesem Standort nach Plänen des brasilianischen Stararchitekten Oskar Niemeyer ein Spaßbad zu errichten.

Das Brauhausberg-Ensemble unterhalb des »Kreml«, der vor der Wende die SED-Bezirksleitung und zuletzt den Landtag beherbergte, hat es der Stadtpolitik auch in anderer Beziehung angetan. Wie auch auf dem Innenstadtareal der abrissgeweihten Fachhochschule soll hier zentrumsnahe Fläche privatisiert und der öffentlichen Nutzung entzogen werden.

Zur einstigen Gesamtkomposition und damit zum architektonischen DDR-Erbe gehört auch das 1977 erbaute Terrassenrestaurant »Minsk«, ein Haus, das an die damals gepflegten Freundschaftsbeziehungen zwischen Potsdam und der weißrussischen Hauptstadt erinnern könnte. Benannt wurde es nach der Hauptstadt der damaligen Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik, mit der der DDR-Bezirk Potsdam enge Partnerschaftsbeziehungen unterhielt. Das Restaurant, ausgeführt in Waschbeton, hat es eine eigenartige, eben eher »russische« Bauform, die als merkwürdig und Unikat gelten müsste. Bis 1990 war es mit seiner gehobenen Gastronomie erste Adresse für Potsdamer und ihre Gäste.

Was andernorts Denkmalwert zuerkannt bekäme, gilt vielen Neubürgern Potsdams und ihrer politischen Vertretung als DDR-Bauschrott, es hat abgedankt und ausgedient zu haben. Das Angebot des Landessportbundes, im »Minsk« einen Kindergarten zu betreiben, wurde zurückgewiesen. Die Stadtregierung scheint der Ansicht, mit der neuen Schwimmhalle sei schon genug Fläche vom Brauhausberg der öffentlichen Nutzung übergeben, mit dem übrigen Areal muss das Geld dafür beschafft werden.

Die LINKE in Potsdam sieht nun eine Möglichkeit, auch innerhalb der Privatisierung das Gebäude zu »erhalten und mit seiner Fassade und in Teilen einer öffentlichen Nutzung erlebbar« zu belassen. Sie schlagen vor, dass Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in seiner Eigenschaft als Gesellschaftervertreter der Stadt die Potsdamer Stadtwerke GmbH die Vergabe des Grundstücks oberhalb der Max-Planck-Straße »in Form von Einzellosen« vornehmen lässt. Gleichzeitig sollten Gespräche mit den Anbietern für den Erhalt des »Minsk« geführt werden. Auf diese Weise könnte das Sport- und Freizeitbad (Blu) sowie die seit 2014 entstandenen Mehrkosten refinanziert werden.

Gefahr ist im Verzuge. Denn wie in der Begründung zu diesen LINKEN-Antrag steht, orientiert die Ausschreibung sich derzeit am Höchstgebot. Damit werde die mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung bekräftigte Option für den Erhalt des »Minsk« faktisch »unterlaufen«, wie Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte. Ihm zufolge gibt es ein Höchstgebot von 27 Millionen Euro, was weit über den Erwartungen des Mindestgebots von 8,7 Millionen liege. Dieses Höchstgebot würde aber neben dem Abriss der DDR-Schwimmhalle auch den des »Minsk« einschließen. Scharfenberg ist sich sicher: Durch eine Vergabe nach Einzellosen sei es möglich, »sowohl die für die Refinanzierung des Badneubaus erforderliche Summe zu erlösen, als auch eine Variante für den Erhalt des Minsk zu realisieren«. Er hofft, dass die anderen Fraktionen sich nicht einseitig an höchstmöglichen Einnahmen orientieren, »sondern nach den Auseinandersetzungen um Fachhochschule und Rechenzentrum die Chance nutzen, einen weiteren Abriss von prägender DDR-Architektur zu verhindern«.

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