- Politik
- Giftanschlag in Großbritannien
Ex-Spion Skripal offenbar zu Hause vergiftet
Britische Ermittler weisen »hohe Konzentration« von Nervengift an Haustür nach / Russische Behörden wollen Einblick in die Ermittlungsakten
London. Der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal ist laut britischen Ermittlern offenbar zu Hause vergiftet worden. An der Tür seines Wohnhauses im englischen Salisbury sei »die bislang höchste Konzentration« des Nervengifts nachgewiesen worden, teilte die Londoner Polizei am Mittwoch mit.
Skripal und seine Tochter Yulia waren am 4. März in der Stadt südwestlich von London bewusstlos auf einer Parkbank aufgefunden worden. Beide liegen weiterhin in einem lebensbedrohlichen Zustand im Krankenhaus.
Spuren des Nervengifts seien auch an anderen Stellen gefunden worden, »aber in geringerer Konzentration« als in Skripals Haus, erklärte die Polizei. Die Ermittler hatten nach dem Mordanschlag die Parkbank, einen Pub und ein Restaurant sowie das Grab von Skripals Ex-Frau abgesperrt und auf Giftspuren überprüft.
Großbritannien macht Russland für den Anschlag verantwortlich. London geht davon aus, dass bei der Tat ein Gift der Nowitschok-Gruppe aus sowjetischer Produktion zum Einsatz kam. Nach Angaben der britischen Polizei arbeiten etwa 250 Beamte an dem Fall, die Ermittlungen könnten sich über Monate hinziehen. Demnach müssen rund 500 Zeugen verhört und Aufnahmen von Überwachungskameras mit einer Gesamtdauer von 5000 Stunden ausgewertet werden. In die Ermittlungen sind auch internationale Chemiewaffenexperten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) involviert.
Der Fall sorgte für einen diplomatischen Schlagabtausch zwischen dem Westen und Russland. Die britische Regierung und ihre Verbündeten ordneten als Reaktion auf das Attentat die Ausreise russischer Diplomaten an. Insgesamt sind fast 150 Russen von den Ausweisungen betroffen, darunter 23 in Großbritannien. Auch andere Staaten, darunter viele EU-Länder, wiesen aus Solidarität mit den Briten russische Diplomaten aus.
Russland plant Schließung des US-Generalkonsulats in St. Petersburg
Moskau wies die Vorwürfe entschieden zurück und kündigte eine Reaktion auf die Strafmaßnahmen an. Offenbar erwägt der Kreml die Schließung des US-Generalkonsulats in St. Petersburg. Das berichtete die Zeitung »Iswestija« unter Berufung auf Quellen im russischen Außenministerium.
Gleichzeitig baten die russischen Behörden Großbritannien offiziell um Einblick in die Ermittlungen zu dem Giftanschlag auf Skripals Tochter Yulia. Sie sei russische Staatsbürgerin, hieß es in einer Mitteilung des Staatlichen Ermittlungskomitees vom Donnerstag in Moskau. Die britischen Behörden wurden aufgefordert, Kopien ihrer Akten zu dem Mordanschlag auf Vater und Tochter von Anfang März zu übermitteln.
Am Mittwoch hatte das Außenministerium in Moskau den britischen Geheimdienst für die Attacke auf Skripal verantwortlich gemacht. Das Ministerium kehrte außerdem den Spieß um und warf den britischen Behörden vor, russische Emigranten wie Alexander Litwinenko oder Boris Beresowski nicht geschützt zu haben. Der Ex-Agent Litwinenko war 2006 mit dem radioaktiven Stoff Polonium getötet worden, wobei als Täter nur zwei ehemalige russische Geheimdienstler infrage kommen. Der Unternehmer und Kreml-Kritiker Beresowski starb 2013 durch Selbstmord unter rätselhaften Umständen. Agenturen/nd
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