2018 als Jahr des Friedens

Bernd Lachmann aus Kirchmöser über seinen Kampf für eine atomwaffenfreie Welt

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Fühlen Sie sich angesichts der politischen Großwetterlage als Friedensaktivist manchmal auf verlorenem Posten?

Ich habe bei meinen verschiedenen Aktivitäten viele Menschen kennengelernt, die Angst vor einem möglichen Krieg haben, sich aber machtlos fühlen, etwas dagegen zu tun. Andererseits habe ich auch viele Menschen erlebt, die sich schon sehr aktiv in den verschiedensten Organisationen für Frieden und gegen Krieg einsetzen. Ich vermisse nur eine wirkungsvolle Vernetzung der Friedensaktivisten untereinander, manchmal trifft man auch auf bewusste Ablehnung, mit der einen oder anderen Gruppe zusammenarbeiten zu wollen.

An welchem Ostermarsch werden Sie in diesem Jahr teilnehmen?

Ich habe bereits in der vergangenen Woche an dem Potsdamer Ostermarsch teilgenommen.

Sie haben eine Initiative gestartet, 2018 zum Jahr des Friedens zu machen. Was bezwecken Sie damit?

Mit einem Offenen Brief an den Bundesvorstand der Linkspartei und alle Landes- und Kreisverbände wollten wir unsere Mitglieder bundesweit dazu auffordern, Friedensaktivitäten zu starten und dafür auch nach Verbündeten bei Gewerkschaften, Vereinen, Kirchen und anderen Parteien zu suchen. Der Landesparteitag hat am 18. März mit großer Mehrheit diesem Anliegen zugestimmt. Von Katja Kipping und Bernd Riexinger habe ich eine schriftliche Antwort erhalten. Beide zollen uns hohen Respekt für die geleisteten Aktivitäten, haben aber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass der Parteivorstand »… wegen vieler wichtiger Themen kein Jahr des Friedens ausrufen kann«. Mit dieser Aussage wollen wir uns aber nicht zufrieden geben.

Welche Schritte sollen im Jahr des Friedens unternommen werden?

Wir spüren, dass die Parteibasis das Thema Frieden als Thema Nummer eins betrachtet und bereit ist, dafür etwas zu tun. Wir führen weiter regelmäßig regionale Friedensforen durch und bemühen uns dabei, auch Interessenten aus anderen Parteien zu gewinnen. In Brandenburg/Havel hat sich vor wenigen Tagen ein Bürgerbündnis gegen den Pflegenotstand gegründet. Ich möchte hier auch unsere Erfahrungen der bisherigen Friedensaktivitäten einbringen. Mein Anliegen ist es, den Zusammenhang von Pflegenotstand und Rüstungshaushalt zu verdeutlichen. Die von der Großen Koalition geplanten 8000 zusätzlichen Pflegekräfte sichern nicht einmal eine Zusatzstelle für jede Pflegeeinrichtung. Bedarfsanalysen fordern hier mindestens 100 000 zusätzliche Stellen. Aber dafür reicht offensichtlich das Geld im Bundeshaushalt nicht aus. Geld für mehr Rüstung soll aber bereitgestellt werden. Die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger ist gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr und Rüstungsexporte. Deshalb wollen wir von unten nach oben Druck auf diese falsche Politik ausüben. Wir haben uns mit Resolutionen auch an den Deutschen Städte- und Gemeindebund, den Deutschen Städtetag und den Deutschen Landkreistag gewendet, denn diese Institutionen sind die Lobby, die sich für die Interessen der Einwohner von Städten, Gemeinden und Landkreisen gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und EU einsetzen müssen.

Wie ist die bisherige Resonanz auf Ihre Initiative?

Überall, wo wir mit dem Thema Frieden in Erscheinung getreten sind, fanden wir große Resonanz. In Friedensforen waren überwiegend Mitglieder oder Sympathisanten der Linkspartei anzutreffen. Wir hätten uns mehr Einwohner aus den jeweiligen Regionen gewünscht, insbesondere auch Jugendliche. Wir werden nach Möglichkeiten suchen, Zugang zu Schulen zu finden, um Jugendliche von der Notwendigkeit einer breiten Friedensbewegung zu überzeugen. Es kann doch nicht sein, dass die Bundeswehr in Schulen Werbung betreibt und wir dem nichts entgegensetzen dürfen. Als Resonanz fehlen uns bisher leider noch die Reaktionen auf die beschlossenen und weitergeleiteten Resolutionen. Hier gibt es noch keine Stellungnahmen vom Städte- und Gemeindebund oder vom Städtetag.

Welche Kommunalparlamente haben bisher die Resolution für eine atomwaffenfreie Welt beschlossen?

Beschlossen wurden Resolutionen im Kreistag Potsdam-Mittelmark, in den Gemeindevertretungen Wusterwitz, Bensdorf, Wiesenburg/Mark, Kloster Lehnin und Borkwalde sowie in den Stadtparlamenten von Bad Belzig und Werder/Havel. Besonders gefreut hat uns die Beschlussfassung in den kreisfreien Städten Brandenburg/Havel, Potsdam und Cottbus. Diese Aktivitäten sollen möglichst bundesweit fortgeführt werden. Ein Erfolg ist es, dass auf der untersten politischen Ebene über Fraktionsgrenzen hinweg über ein bundespolitisches Thema diskutiert und Einigung erzielt wurde.

Eine kernwaffenfreie Welt wäre schön. Können Sie sich eine Welt ganz ohne Waffen vorstellen?

Das wäre wohl die Erfüllung eines Menschheitstraums, wird aber noch lange dauern. Die Rüstungsindustrie und die militärische Forschung unternehmen alle Anstrengungen, um immer neue Waffen für die Vernichtung von Menschen und deren Lebensgrundlagen einzusetzen. Dabei steht Deutschland wieder ganz vorn und hat keine Lehren aus zwei Weltkriegen gezogen. Das einfache Volk, egal auf welchem Teil dieser Erde, hat kein Interesse an Krieg und Tod. Für mich wurde ein Zitat des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan zum Leitmotiv: »Die Welt schlafwandelt einer Katastrophe entgegen. Wir schlafen am Steuerknüppel eines sich schnell bewegenden Flugzeugs. Wenn wir nicht wach werden und die Kontrolle zurückerlangen, ist das Ende allzu vorhersehbar!«

Mehr im Internet: www.dielinke-pm.de/frieden

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