Der Größte geht
Volksheld und Seriensieger: Mit dem Norweger Ole Einar Björndalen beendet der erfolgreichste Biathlet seine Karriere
Der Kannibale ist endgültig satt: Nach acht Olympiasiegen, 20 WM-Titeln und 94 Weltcuperfolgen beendet »Mr. Biathlon« Ole Einar Björndalen seine einzigartige Karriere. Der norwegische Volksheld teilte die Entscheidung am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Simostranda mit. »Freude und Motivation sind noch immer ungebrochen«, sagte der zu Tränen gerührte Björndalen, der eigenen Angaben zufolge zuletzt mehrmals unter Herzrhythmusstörungen gelitten hatte: »Ich hätte gerne noch ein paar Jahre weitergemacht.«
Aber dort, wo beim mittlerweile 44-Jährigen einst die Leidenschaft für seinen Sport entfacht worden war, machte er nun doch Schluss. Am 24. März hatte Björndalen in Tjumen sein letzten Rennen absolviert. In der Verfolgung belegte er einen 32. Rang, was den Ansprüchen des Ehrgeizlings, der sich aufgrund seines immensen Erfolgshungers den Beinamen »Kannibale« erwarb, längst nicht genügt. Der Abschied des erfolgreichsten Skijägers der Geschichte hatte sich abgezeichnet, der zurückliegende Winter war sein Schwanengesang. Gute Resultate blieben aus - und so auch eine Nominierung für die Winterspiele in Pyeongchang. Spätestens dort reifte beim Norweger, der als Betreuer seiner Frau Darja Domratschewa (Belarus) vor Ort war, der Entschluss, das Gewehr in den Schrank zu stellen. Trotz des unrühmlichen Abgangs auf Raten überwiegen Björndalens Sternstunden, die er seit seinem ersten Start am 18. März 1993 in 580 Weltcuprennen zuhauf erlebte. Sein letzter Erfolg datiert vom 2. Dezember 2015.
Biathlon war mehr als zwei Jahrzehnte Björndalens Leben, jetzt haben sich die Prioritäten verschoben. Mit Domratschewa hat er die gemeinsame Tochter Xenia, ihnen gehört nun endlich die volle Aufmerksamkeit. Wie lange das der Fall sein wird, ist freilich offen. Früher oder später könnte er eine Funktionärslaufbahn einschlagen und eines Tages möglicherweise sogar dem Weltverband als Präsident vorstehen.
Bis dahin werden seine Olympia- und WM-Rekorde wohl Bestand haben. Neben den 20 Goldmedaillen gewann Björndalen bei Weltmeisterschaften noch 14 Mal Silber und elf Mal Bronze. Auch die acht Olympiasiege, vier Silberplaketten und ein Mal Bronze dürften kaum zu erreichen sein. Sorgen muss sich Björndalen allerdings um seine Weltcupbestmarke machen. Noch thront der Star aus Drammen, der neben seinen 94 Erfolgen im Biathlon auch einen Weltcupsieg im Langlauf feierte, weit vor Martin Fourcade. Aber der Franzose ist seit sieben Jahren der Dominator, feiert Erfolge am Fließband - und ist »nur« noch 24 Siege von Björndalen entfernt. »Er ist unglaublich«, sagte der Norweger mal über Fourcade, der wiederum meinte: »Ole ist und bleibt der Größte.« Als solcher wird er wohl auch nach dem Ende seiner Karriere in Erinnerung bleiben. SID/nd
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