Syrien fürchtet Kriegseskalation

Vage Hoffnung auf Rückkehr zur politischen Vernunft im Umfeld des US-Präsidenten

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein behaupteter Chemiewaffenangriff der syrischen Streitkräfte auf Douma, das ehemalige Verwaltungszentrum der östlichen Ghouta bei Damaskus, hat eine rasende Eskalation mit direkten Kriegsdrohungen gegen Syrien ausgelöst.

In den Morgenstunden des Sonntag waren von Seiten syrischer Oppositioneller in Douma und im Ausland (www.genevaupdates.com) Bilder und Nachrichten über einen angeblichen Chemiewaffenangriff verbreitet worden. Die syrischen Streitkräfte sollen demnach von einem Hubschrauber eine Fassbombe mit Giftgas abgeworfen haben, hieß es. Kampfjets hätten Douma mit Chemiewaffen bombardiert. Die Zahl der Toten wurde mit bis zu 150 angegeben.

Nur wenige Stunden später wurden die nicht überprüfbaren Meldungen vom »möglichen Giftgasangriff« von Medien weltweit verbreitet. Vertreter der britischen, französischen, US-amerikanischen und deutschen Regierung verurteilten den Angriff, »harte Reaktionen« wurden angekündigt. Alle beschuldigen Russland und Iran, mitverantwortlich zu sein. US-Präsident Donald Trump bezeichnete seinen syrischen Amtskollegen Baschar al-Assad als »Tier«. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, nannte den syrischen Präsidenten ein »Monster«.

Syrien und Russland wiesen alle Anschuldigungen zurück. Meldungen über den Einsatz von chemischen Waffen seien falsch und seien fabriziert worden, um den vereinbarten Abzug der Rebellen der »Armee des Islam« aus Douma zu stoppen. Experten des russischen »Zentrums für die Versöhnung der verfeindeten Seiten in Syrien« in Damaskus untersuchten den Ort des Anschlags in Douma. Weder chemische Substanzen, noch Tote oder Verletzte eines solchen Angriffs habe man dort aufgefunden, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensia bei einer Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat am Montag in New York.

George Jabbour, der Vorsitzende der Syrischen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, verwies im nd-Gespräch in Damaskus auf die Rede des syrischen UN-Botschafters im UN-Sicherheitsrat. Baschar al-Dschaafari habe im Namen der syrischen Regierung ein UN-Expertenteam für Chemiewaffen eingeladen und diesem jede Unterstützung für eine Untersuchung in Douma zugesagt. Das sei ein klares Kooperationsangebot der syrischen Regierung.

Jabbour kritisierte US-Präsident Donald Trump, der mit seinen Drohungen gegen Syrien jeden Spielraum politischer Führung überschritten habe. Er hoffe, dass es »um Trump vernünftige Politiker« gebe, die einen militärischen Angriff auf Syrien abwenden können.

Andere Gesprächspartner zeigten Unverständnis über die extreme Eskalation. Sie hoffe, es werde keinen Krieg zwischen Russland und den USA in Syrien geben. Das Land sei doch in den letzten Monaten mehr zur Ruhe gekommen, meinte die aus Berlin stammende Geschäftsfrau Heike W., die seit 30 Jahren in Syrien lebt.

Hussam M., ehemaliger Mitarbeiter einer Mercedes-Vertretung in Damaskus, äußerte die Hoffnung, dass Russland und die USA sich noch verständigen würden. In Douma habe es eine Vereinbarung mit der »Armee des Islam« über deren Abzug gegeben. Die habe offenbar den »USA nicht gefallen«. Die Kämpfer hätten mit ihren Angriffen auf Damaskus die syrische Armee provoziert, dann seien die Bilder eines angeblichen Giftgasmassakers aufgetaucht.

Unbestätigten Informationen zufolge, die über soziale Medien in Damaskus zirkulierten, erwartet man im schlimmsten Fall einen Angriff in der Nacht zu Mittwoch. Ziele könnten Armeestellungen in und um Damaskus, die syrische Telekommunikation, das syrische Fernsehen, Ministerien, Brücken und der Militärflughafen Mezzeh sein. Alle Einrichtungen und jeder Quadratmeter syrischen Bodens sind durch die umfassende Überwachung mittels deutscher Tornados, durch AWACS-Flugzeuge der NATO und Satellitenaufnahmen bestens bekannt.

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