Der Satisfyer

Nicht immer hart sein müssen - der Druck zu Penis-Sex ist schlecht für Männer und Frauen

  • Paula Irmschler
  • Lesedauer: 3 Min.

Achtung, es geht um Sex. Um richtigen und falschen beziehungsweise gar keinen. Denn leider habe ich jetzt Netflix und weiß darüber Bescheid, dass, wenn es darum geht, wie Sex gedacht wird, nichts besser geworden ist. In jedem zweiten Film und in jeder zweiten Serie gibt es folgende Szene: SIE und ER wollen Sex machen, doch ER bekommt »keinen hoch« und SIE sagt IHM dann, dass das nicht so schlimm sei, das passiere schon mal, dann lass halt reden.

Das Thema Sex ist damit erledigt, weil ER (diesmal ist der Penis gemeint) nicht funktioniert, also wird da auch nichts mehr laufen. Szene Ende. Er ist ganz geknickt, weil Männer stolz sein müssen, sie darf nicht geknickt sein, weil Frauen verständnisvoll sein müssen. So haben wir es nun mal gelernt: Ficken und gefickt werden heißt, dass da ein Penis irgendwo rein muss, top oder bottom, hetero oder homo, egal, es muss ein Penis im Spiel sein. Dann erst sprechen wir überhaupt von Sex.

Andere Körperteile wie Hände, Münder oder sogar das, was Frauen zwischen den Beinen haben (Vulven oder doch Vagina? Wir sind uns ja nicht mal mit der Bezeichnung sicher), spielen eine untergeordnete Rolle, werden zu Teilnehmern von Vorspiel, Petting oder auch Nachspiel in die zweite Reihe verbannt, man kann schon was damit anfangen, aber es ist eben kein richtiger Sex, sondern nur Spielerei.

Da kann man es, wenn es denn nicht auf Penis in xy hinausläuft, eigentlich auch gleich ganz lassen. Jahrzehntelang wurden aufgrund dieser Fixierung Vibratoren nahezu ausschließlich in Phallusform angepriesen und verkauft. Unzählige Frauen fragten sich, was das solle und was sie davon hätten, schließlich ist das für den klitoralen Orgasmus gar nicht notwendig (was selbstverständlich nicht bedeuten soll, dass Frauen an Penetration generell keinen Spaß hätten). Kein Wunder, dass jetzt viele aus dem Häuschen sind, da es endlich Spielzeuge wie den Druckwellensaugvibrator Satisfyer gibt, die nichts mit einem Penis zu tun haben, sondern schlichtweg ihren Zweck erfüllen.

Glücklicherweise ist das Leben selten wie in Netflix-Serien oder -Filmen und deswegen gibt es Zwischentöne. Wer sich doch mal jenseits von Mackersituationen mit Männern unterhält, dürfte erfahren, dass sie der Penisfunktionsdruck ganz schön nervt, lähmt und dass sie natürlich nicht immer »Stecher« sein wollen, deren Sexualität von ihrem Piephahn abhängt, ja, einige stehen sogar gar nicht darauf, zu penetrieren, leiden darunter, hart sein zu müssen, und zwar im menschlichen als auch vermeintlich männlichen Sinne.

Doch die Ideologie scheint einfach nicht totzukriegen. Endlich von der Gleichung Sex = Penis wegzukommen, dürfte für alle Beteiligten befreiend und ein ziemlicher Lustgewinn sein. Und wie erst die Serien Filme aussähen! ER sagt zu IHR: »Ach, dann machen wir eben was anderes« und SIE stöhnt total los und ER dann auch ... Ach, ich schmeiß mir direkt mal den Satisfyer an. Ende.

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