Kameramann darf eine Frau sein

Verein »Pro Quote Film« und Sozialministerium machen mit zehn positiven Beispielen Mut

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

An der Filmuniversität »Konrad Wolf« in Potsdam-Babelsberg sind an den Aushängen Zettel zu finden, auf denen steht: »Kameramann gesucht!« Natürlich wäre eine Kamerafrau genauso recht, weiß Susanne Foidl. Die Gleichstellungsbeauftragte der Filmuniversität agitiert unermüdlich, auch »Kamerafrau« und »Tonfrau« zu sagen und zu schreiben. Gerade weil sie beobachtet, wie sich Jungs bei der Kinderfilmuniversität auf die Kamera stürzen. »Die Mädchen sind auch interessiert, aber zurückhaltender. Wenn eine Kamerafrau dabei ist, legen sie ihre Scheu ab.«

Beim deutschen Film arbeiten hinter der Kamera zu 85 Prozent reine Männerteams. Beim Ton sind es 91 Prozent und bei der Regie 74 Prozent. Dem Klischee entsprechend ist es nur bei den Kostümen anders. Da dominieren mit 81 Prozent die Frauenkollektive.

»Frauen sind nicht nur hinter der Kamera, sondern auch vor der Kamera unterrepräsentiert«, beschwert sich die brandenburgische Landesgleichstellungsbeauftragte Monika von der Lippe. »Ab dem 30. Lebensjahr verschwinden Frauen sukzessive vom Bildschirm, Frauen über 50 Jahre sind in den Unterhaltungssendungen des deutschen Fernsehens nicht mehr zu sehen.«

»Noch immer sind die meisten Entscheidungspositionen in Film und Fernsehen von Männern besetzt«, bedauert Sozialministerin Diana Golze (LINKE). »Darunter leiden aber nicht nur gut bezahlte Hollywood-Schauspielerinnen, sondern auch Frauen in Brandenburg.« Es gehe »ungerecht« zu in der Medienbranche, sagt Golze.

Die Zahlen sprechen für sich: In Brandenburg sind nur 36 Prozent der Beschäftigten in diesem Metier Frauen. Diese Frauen verdienen im Schnitt nur 21,03 brutto die Stunde, die Männer dagegen 26,19 Euro. Kameramänner beispielsweise verdienen 15 Prozent mehr als ihre Kolleginnen.

Mit Unterstützung des Sozialministeriums hat der Verein »Pro Quote Film« ein Booklet herausgegeben, um wenigstens einen kleinen Anstoß zu geben, damit sich etwas ändert. In dem Booklet kommen zehn erfolgreiche Frauen aus der märkischen Medienbranche zu Wort. Das soll anderen Frauen Mut machen, diesen Weg auch zu gehen.

Zu den Vorbildern gehört neben Susanne Foidl auch die Publizistin Anke Domscheit-Berg, die seit der Bundestagswahl im vergangenen Jahr für die LINKE im Parlament sitzt. Domscheit-Berg berichtet, dass sie bei Kolleginnen aus Westdeutschland oder Österreich erlebte, wie die eigenen Familien diesen Frauen »Karrieregeilheit auf Kosten der Ehemänner« vorgeworfen haben.

Die Digitalisierung könnte eine Chance für Frauen sein, wenn sie ihre Arbeit daheim am Computer erledigen dürfen und dabei einen Blick auf ihre kleinen Kinder haben. Wenn die Frauen aber deswegen aus Entscheidungsprozessen in der Firma ausgeschlossen bleiben, dann können sie wieder nicht in die traditionell männlich dominierten Führungszirkel vordringen. Darum steckt im digitalen Wandel neben Chancen auch die Gefahr, dass die Benachteiligung noch zunimmt.

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