Nichts verraten, nichts gewusst
Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) bestreitet, den V-Mann »Piatto« enttarnt zu haben
»Ich will gleich zu Beginn sagen, dass ich von dem V-Mann aus dem ›Spiegel‹ erfahren habe«, sagte Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) am Freitagnachmittag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags.
Im Juli 2000 war im Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« ein Beitrag über die rechte Szene in Ludwigs Heimatstadt Königs Wusterhausen erschienen, in dem enthüllt wurde, dass der Neonazi Carsten Szczepanski ein V-Mann des Verfassungsschutzes sei. Nun hegt die CDU den Verdacht, Ludwig habe seinerzeit als Landtagsabgeordneter bei einem Gespräch mit einem Geheimdienstler diese vertrauliche Information erhalten, sie den Journalisten weitererzählt, damit den V-Mann »Piatto« enttarnt und also Geheimnisverrat begangen. Die Sache wäre inzwischen verjährt, doch einem Justizminister könnte man daraus politisch einen Strick drehen. Darum reitet die CDU darauf herum. Zur Erinnerung: Der V-Mann »Piatto« spielt im NSU-Skandal eine Rolle, weil er Hinweise auf den Verbleib des untergetauchten NSU-Trios gab, bevor die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds begann.
Im rechten Szenemagazin »Feuersturm« ist behauptet worden, Ludwig habe Szczepanski verpfiffen. Aber das ist keine seriöse Quelle. Die Mutmaßung, der Politiker, der von Beruf Verwaltungsjurist ist, habe einen Geheimnisverrat begangen, passt auch so gar nicht zur korrekten Art dieses Mannes, der nie etwas ausplaudert.
Ludwig versicherte nun vor dem Untersuchungsausschuss, er habe von der Spitzeltätigkeit Szczepanskis vor der »Spiegel«-Veröffentlichung überhaupt nichts gewusst, nicht einmal eine Ahnung davon gehabt. Zwar hatten »Spiegel«-Redakteure mit ihm geredet, bestätigte er, aber lediglich über die Neonaziszene in Königs Wusterhausen ganz allgemein mit ihm gesprochen. Nach V-Leuten hätten die Redakteure ihn nicht gefragt, und er hätte ihnen auch nichts dazu sagen können. Er hatte nur mal von der Antifa den Verdacht gehört, Szczepanski sei ein Polizeispitzel.
Ein paar Informationen Ludwigs könnten in den Zeitschriftenbeitrag eingeflossen sein. Vielleicht hatten die Redakteure dafür aber auch andere Quellen, sagte Ludwig. Er selbst kannte sich mit der Situation in der Stadt ganz gut aus und erinnerte am Freitag noch einmal daran, wie furchtbar es in den 1990er Jahren in Königs Wusterhausen gewesen ist, so wie auch in anderen Orten Brandenburgs.
Die rechte Szene bestimmte erhebliche Teile der Jugendkultur, und oft zu hören war laut Ludwig der schlimme Satz: »Bevor die Polen mein Auto klauen, verlasse ich mich auf die Glatze in meiner Straße.« Erst 1998 ließen sich die anständigen Bürger das nicht mehr gefallen. Bis zur Jahrtausendwende sei es den demokratischen Parteien und der Zivilgesellschaft gelungen, erste Erfolge bei der »Befreiung der Stadt von solchen Tendenzen« zu erzielen, sagte Ludwig. Er selbst schwebte seinerzeit in Gefahr. Zum Jahreswechsel 1999/ 2000 erhielt er eine in Schweden abgesandte Postkarte und mit einem Aufkleber der rechten Blood&Honour-Bewegung versehene Postkarte, mit der ihm anonym ein »neues Kampfjahr« gewünscht wurde. Ludwig wusste, dass in Schweden Funktionäre dieser Bewegung inhaftiert waren, weil sie Gewerkschafter ermordet hatten. Darum nahm er die Postkarte als Bedrohung sehr ernst und ging damit zur Polizei.
Der Abgeordnete Jan Redmann (CDU) wollte nun wissen, ob Ludwig sich damals auch an den Verfassungsschutz gewandt und dort mit einem bestimmten Mitarbeiter geredet habe. Der könnte, so lautet nun eine These, Ludwig beruhigt haben, er müsse sich keine Sorgen machen, der Szczepanski sei ja ein V-Mann. Herausgekommen ist am Freitag, dass es eine Informantin des Verfassungsschutzes im Umfeld von Stefan Ludwig gegeben hat.
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