Köln runter, Düsseldorf rauf
Sechster Abstieg hier, sechster Aufstieg dort
Mit seinen 24 Jahren hat Timo Horn schon jede Menge 1. FC Köln auf dem Buckel. In der Domstadt geboren, wechselte er als neunjähriger Knirps in die Jugend des Geißbockklubs, unterschrieb dort im Sommer 2011 seinen ersten Profivertrag - und erlebte zehn Monate später Abstieg Nummer fünf in der Geschichte des dreimaligen deutschen Meisters. Am letzten Spieltag, beim 1:4 gegen Bayern München, als zweite Kraft hinter dem damaligen Stammkeeper Michael Rensing.
Beim sechsten Kölner Abmarsch ins Unterhaus stand Horn nun selbst im Tor und erinnerte sich nach dem 2:3 in Freiburg mit Schaudern an den 5. Mai 2012: »Beim letzten Abstieg gab’s noch eine schwarze Wolke über dem Stadion. Das ist der große Unterschied - dass wir als Einheit in die Zweite Liga gehen.«
Dieses Gefühl untermauerte der rotbärtige Ballfänger am vergangenen Donnerstag mit dem Bekenntnis, für Köln auch eine Klasse tiefer das Tor zu hüten. Drei Tage zuvor hatte bereits Nationalspieler Jonas Hector erklärt, bei der Reparatur des Abstiegsschadens mitzuhelfen. Verzicht auf seine Ausstiegsklausel und Vertragsverlängerung bis 2023 inklusive.
Nach einem im Finish dramatischen Spiel im Breisgau, das Freiburgs Lucas Höler in der Nachspielzeit entschied, sprach Horn ganz unpathetisch vom »i-Tüpfelchen auf einer völlig verkorksten Saison«. Die mitgereisten Fans feierten die Absteiger trotzdem frenetisch - vor sechs Jahren sorgten sie mit ihrer riesigen, beißenden Wolke aus Qualm noch für ein apokalyptisches Szenario in Köln-Müngersdorf. Damals glich der Verein einem Trümmerhaufen, auch finanziell, jetzt schwärmte Präsident Werner Spinner von einer »wirtschaftlichen Situation, wie wir sie noch nie erlebt haben«.
Der direkte Wiederaufstieg ist nicht nur für Schlussmann Horn (»Eines kann ich versprechen: Wir werden zurückkommen«) fast schon beschlossene Sache. Aber es war den tristen Protagonisten beim Vollzug ihres doch sehr deutlichen Abstiegs auch ein Anliegen, die verletzten Seelen ihrer Anhänger ein wenig zu streicheln: Schließlich hatte, zur ultimativen Steigerung der Pein, zweieinhalb Stunden zuvor Lokalrivale Düsseldorf mit dem 2:1 in Dresden den sechsten Aufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht. Im Dresdner Stadion feierten 3000 mitgereiste Fans fünf Jahre nach dem letzten Abstieg aus der Bundesliga die Rückkehr, und in Düsseldorf gab es Hupkonzerte auf den Straßen und Partys in der Altstadt.
Der Ruhm galt vor allem Düsseldorfs Cheftrainer Friedhelm Funkel, der in Sachsen sein persönliches halbes Dutzend vollmachte: Mit Uerdingen (zwei Mal), Duisburg, Köln, Frankfurt und nun Düsseldorf gelang dem 64-Jährigen der Aufstieg in die nationale Beletage. Fortunas Profis übergossen ihren Coach literweise mit Altbier.
Allerdings hat noch nie ein Klub mit weniger Punkten als Düsseldorf (aktuell 59) den Sprung in die höchste Spielklasse geschafft. Gut möglich also, dass die rheinische Dutzendware aus der Manufaktur Köln-Düsseldorf in den nächsten Jahren weiteren Zuwachs in Sachen Ab- und Aufstieg erfährt.
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