System
Um Politik zu machen, braucht man neben Idealen auch Gegner oder Feinde. Die Klugen unter den politisch Aktiven wissen, dass die Feinde im Kapitalismus nicht immer konkrete Personen sein müssen. Ihnen ist bewusst: nicht der Miethai, der Bonze, der Banker oder »die da oben« sind die Hauptschuldigen, sondern ganz klar: das System in Gänze. Freilich stimmt das. Nicht etwa die Gier oder der böse Wille einiger weniger sind für das Elend der Welt verantwortlich, sondern das hat systematische Gründe: Ausbeutung, Profitzwang usw. - fragt mal beim Kapital-Lesekreis nach. Dieses Wissen bewahrt die Linke vor verkürzter Kapitalismuskritik, die ohnehin viel zu häufig in dämlichen Antisemitismus umschlägt.
Doch was ist es eigentlich, dieses System? Wenn man dauernd davon spricht, was das System macht und tut und wie ausbeuterisch und schrecklich es doch ist, wird es geradezu ein autonomes Subjekt, das uns Menschen entgegentritt. Woher das System aber seinen Willen hat, bleibt dabei offen. Fast scheint es wie ein unüberwindbarer Gegner, vor dem wir wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren. Aber damit ist auch nichts gewonnen. Und soviel Trübsal braucht man auch nicht blasen, denn Systeme sind, das ist das Gute, veränderbar. chw
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