Ein komischer Beat

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  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Sind das vielleicht die ersten musikalischen Versuche der gerade in die Spätpubertät entlassenen Depeche Mode, die wir da hören? Oder handelt es sich um die frühen Human League, die im Proberaum ein Tonband haben mitlaufen lassen? Hört sich nach den frühen 80er Jahren an. Analogsynthesizer, knall, peitsch, ratter, zack, bumm. Vielleicht ist es ja auch was von diesem Franzosen, den die Zeitungen bis heute gern einen »Klangzauberer« nennen und der Ende der 70er und Anfang der 80er diese eingängige Kopfnick-, Schaumbadwohlfühl- und Esoterik-Elektromusik fabrizierte, die man als Kiffer seinerzeit für futuristisch hielt? Nein, nicht Richard Clayderman! Jean-Michel Jarre! So hieß er! Sie erinnern sich? »Oxygène«, »Equinoxe«, so hießen die Platten. Aber nein, der ist es auch nicht, der hier einen ESQ-1-Synthesizer und -Sequencer bedient. Dafür ist die Musik zu simpel, zu reduziert, zu skelettiert, nicht opulent genug belegt mit flächigen Keyboard-Sounds und süßlichen Sternennebel-Wimmertönen.

Es sei also verraten, wer wirklich hinter dem Prä-Techno steckt: Es ist der junge Robert Görl. Robert Görl? Wer ist Robert Görl, so werden Sie zu Recht fragen. Görl ist bzw. war eine Hälfte des deutschen New-Wave- und Kunststudentenpop-Duos Deutsch-Amerikanische Freundschaft (»Tanz den Mussolini«), der Mann, der am Schlagzeug saß und traurig guckte, während der - milde formuliert - etwas exaltiertere Gabi Delgado-López seine dadaistisch-minimalistischen Verse (»Unsere Schreie sind so laut/Unser Tanz ist so wild/Ein neuer böser Tanz«) ins Mikro keifte und exzessiv auf der Bühne hampelte.

Görl war 1986, als sich das Duo aufgelöst hatte, nach Paris gegangen, um nicht weiter von der Bundeswehr behelligt zu werden, die ihn zum Ableisten seines Wehrdiensts nötigen wollte. In Paris muss er viel Freizeit gehabt haben, während der er einigermaßen ratlos in einer Billigpension vor sich hinlebte und die er mit einem Synthesizer verbrachte. Geplant hatte er ursprünglich, ein Soloalbum aus diesen nun vorliegenden Klangskizzen zu machen, doch dazu kam es nie: Görl hatte einen Autounfall, den er fast nicht überlebte. Es folgten Reha und Jahre in einem buddhistischen Kloster. Die Aufnahmen wurden vergessen. Womöglich schienen sie ihm auch in den 90ern nicht mehr zeitgemäß. »In einem Koffer in der Scheune seines Bruders lagerte jahrzehntelang eine Kassette mit Songs, die Robert Görl Ende der Achtzigerjahre im Pariser Vorort Levallois aufgenommen hat« (»Spex«). Jetzt wurden die alten Stücke hervorgeholt und veröffentlicht. »Das sind die romantischsten Songs, die ich je geschrieben habe«, sagte der heute 62-jährige Görl der Zeitschrift »Groove«. Die Demos seien »gut genug, obwohl so ein komischer, primitiver Beat drunterliegt.«

Robert Görl: »The Paris Tapes« (Grönland Records)

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