Korea vereint sich im Tischtennis

Statt im Viertelfinale gegeneinander anzutreten, schließen sich Spielerinnen aus Nord und Süd zu einem Team fürs Halbfinale zusammen

  • Sebastian Stiekel, Halmstad
  • Lesedauer: 3 Min.

Das sporthistorische Ereignis wurde perfekt inszeniert. Bei der Tischtennis-WM in Schweden liefen die Frauen von Nordkorea und Südkorea am Donnerstag zunächst ganz normal zu ihrem geplanten Viertelfinalduell in die Arena von Halmstad ein. Doch anstatt sich warmzuspielen, versammelten sich alle Spielerinnen und Trainer für ein gemeinsames Foto, nahmen sich in die Arme und winkten ins Publikum. Der Hallensprecher verkündete: Nord- und Südkorea werden bei dieser WM nicht gegeneinander spielen, sondern miteinander - am Freitag im Halbfinale.

»Das ist eine große historische Entscheidung für unsere beiden Länder«, sagte der Vizepräsident des südkoreanischen Tischtennisverbandes, Ryu Seungmin. »Das ist ein wichtiges Statement, um den Friedensprozess zwischen unseren beiden Ländern durch den Tischtennissport unterstützen zu können.«

Die beiden offiziell noch immer im Kriegszustand befindlichen Länder bildeten schon einmal bei der WM 1991 in Japan ein gemeinsames Team und hatten ohnehin vor, dies auch bei den Asienspielen Ende August in Indonesien zu tun. Doch in diesen Tagen passt die Wiedervereinigung an der Tischtennisplatte besonders gut in die politische Entwicklung. Erst vor einer Woche überquerte Nordkoreas Diktator Kim Jong Un als erster Machthaber seines Landes seit dem Ende des Koreakriegs vor 65 Jahren die Grenze zwischen beiden Staaten, um mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in ein Gipfeltreffen abzuhalten.

Auch der Sport tut seit den Olympischen Winterspielen gern so, als habe er diese Entspannungs- und Annäherungspolitik überhaupt erst auf den Weg gebracht und könne sie auch weiter beeinflussen. In Pyeongchang gab es im Februar unter anderem einen gemeinsamen Einmarsch beider Länder, ein gemeinsames koreanisches Eishockeyteam und schon einmal Gespräche zwischen Moon Jae-in und einem hochrangigen nordkoreanischen General.

Auch die Entwicklung bei der Tischtennis-WM wäre nicht ohne den Weltverband ITTF und das Internationalen Olympischen Komitee möglich gewesen. Die Entscheidung und das Okay für eine gemeinsame koreanische Mannschaft sei das Ergebnis eines Dreiergesprächs zwischen beiden Verbänden und der ITTF gewesen, heißt es in einer Mitteilung des Weltverbands. Die ITTF gab sofort ihr Einverständnis dazu, mitten in einem laufenden Wettbewerb ein neues Team zuzulassen.

»Als ich unser Board of Directors über die Pläne informiert habe, haben die Delegierten darauf mit Standing Ovations reagiert«, sagte der deutsche Weltverbandspräsident Thomas Weikert. Die Bildung eines koreanischen Teams nannte er einen »historischen Schritt«.

Eine gemeinsame Mannschaft im Tischtennis hat in Nord- und Südkorea noch einmal eine größere symbolische Bedeutung als im Wintersport. Denn Tischtennis ist in diesem Teil der Welt ein Volkssport. Tischtennis sei »das perfekte Medium, um die Idee vom Frieden durch Sport zu unterstützen«, heißt es in der Mitteilung der ITTF. Auch der Präsident des nordkoreanischen Verbandes, Ju Jong Chol, erklärte: »Dies ist das Ergebnis einer starken Unterstützung durch die ITTF und das IOC. Wir werden unser Bestes tun, um durch den Zusammenschluss von Nord- und Südkorea noch bessere Ergebnisse zu erzielen.«

Die Männer werden in Halmstad allerdings als Nord- und Südkorea bei der Weltmeisterschaft weiterspielen. Ein gemeinsames Team werden beide Länder bei der WM 2018 nur bei den Frauen bilden.

Die Gelegenheit dazu hatte sich auf einmal am späten Dienstagabend ergeben. Da war nach der Auslosung der K.o.-Runde klar: Wenn die Nordkoreanerinnen im Achtelfinale gegen Russland gewinnen, treffen Nord- und Südkorea im Viertelfinale aufeinander. Ihren Plan hielten beide Länder und die ITTF trotzdem bis zum Donnerstagvormittag geheim. »Das hat uns hier alle überrascht«, sagte der deutsche Sportdirektor Richard Prause. »Das ist ein Riesending.« dpa/nd

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