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Volksbegehren mit Geschmäckle
Martin Kröger über Spenden und Geld für Volksbegehren
Es ist eine interessante Frage: Inwiefern dürfen Volksbegehren durch Geld von Lobbyisten unterstützt werden? Die rechtlichen Vorgaben sind seit dem Volksentscheid Pro Reli deutlich verschärft worden. Weil damals vermutet wurde, dass die beiden großen christlichen Kirchen große Summen in den Volksentscheid steckten, wurden die Transparenzkriterien angepasst. Jede Geld- oder Sachspende, die einen Gesamtwert von 5000 Euro übersteigt, muss seitdem der zuständigen Senatsverwaltung für Inneres gemeldet werden. Bei Sachspenden ist dafür der marktübliche Preis maßgebend. Das schafft Klarheit, wer oder was ein Volksbegehren unterstützt.
Beim Volksbegehren zur Ausweitung der Videoüberwachung in Berlin scheint derweil alles formal korrekt zu sein: So darf die Trägerin eines Volksbegehrens nicht nur eine natürliche Person sein, eine Mehrheit von Personen oder eine Personenvereinigung, sondern laut Abstimmungsgesetz auch ausdrücklich eine Partei. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass Parteien selber Volksbegehren unterstützen. Zuletzt setzte sich die FDP für den Volksentscheid zu Tegel maßgeblich ein. Neu ist auch nicht, dass Unternehmen Geld für Volksbegehren- und Entscheide zur Verfügung stellen. Die Fluglinie Ryanair etwa ließ der Pro-Tegel-Initiative eine Plakatspende zukommen.
Doch trotz der Transparenz bleibt ein Geschmäckle: Es entspricht nicht dem Sinn der direkten Demokratie, dass Fluglinien aus Eigeninteresse die Offenhaltung von Flughäfen unterstützen. Volksbegehren sollten vielmehr Bürgerinitiativen vorbehalten bleiben, die den Willen der Bevölkerung abbilden.
Auch beim Überwachungsvolksbegehren bleiben Zweifel, ob es von so einer überwältigenden Mehrheit der Bürger getragen wird, wie die Initiatoren glauben machen wollen.
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