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Schlappe für Spekulation in Milieuschutzgebieten
Berliner Verwaltungsgericht entscheidet im Sinne des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg
»Das kann ein Durchbruch sein«, freut sich der Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) nach der mündlichen Verhandlung vor der 13. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts. »Unsere Praxis bei der Ausübung des Vorkaufsrechts wurde in aller Deutlichkeit bestätigt«, so der Stadtrat weiter.
Es geht um den im August 2017 durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM ausgeübten Vorkauf für das Haus Heimstraße 17 in Kreuzberg. Für 3,4 Millionen Euro wollte im Mai 2017 ein privates Immobilienunternehmen das Gründerzeitgebäude mit 20 Wohnungen übernehmen. Da es im Milieuschutzgebiet liegt, versuchte der Bezirk zunächst, den Käufer zum Abschluss einer sogenannten Abwendungsvereinbarung zu bewegen. In diesen werden unter anderem die Aufteilung in Eigentumswohnungen und Luxusmodernisierungen ausgeschlossen, was die Mieter vor Verdrängung schützen soll. Doch der Käufer weigerte sich und klagte schließlich gegen die Entscheidung des Bezirks, das Vorkaufsrecht auszuüben.
Rund anderthalb Stunden lang zerpflückt der Vorsitzende Richter Matthias Schubert am Donnerstagmittag die Argumente von Axel Dyroff, dem Anwalt des verhinderten Käufers. »Es rechtfertigt die Ausübung eines Vorkaufsrechts, wenn es die Ziele und Zwecke der Allgemeinheit erfordern«, erklärt Schubert. Die Begründung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, ein Gutachten des TOPOS-Instituts, das Aufwertungsdruck und ein relevantes Verdrängungspotenzial attestiert, hält der Verwaltungsrichter für ausreichend, um die Maßnahmen zu begründen.
Die Kammer legt die gesetzlichen Grundlagen, mit denen die Bezirke ihr Vorkaufsrecht begründen, deutlich anders aus, als das Landgericht Berlin in einem Urteil von November 2017. Im Streit um von der bundeseigenen BImA verkaufte Häuser in Tempelhof-Schöneberg war das Landgericht der Ansicht, dass ein Vorkauf nicht zulässig ist, wenn das betreffende Grundstück im Gebiet eines Bebauungsplanes liegt und das Gebäude darauf den Festsetzungen des Planes entspricht. »Das darf man nicht so statisch sehen, man muss auch die Betrachtung der perspektivischen Entwicklung berücksichtigen«, so Schubert. Als Klägeranwalt Dyroff die Auslegung vertritt, dass die Regeln nur für unbebaute Grundstücke anwendbar seien, heißt es, der Anwalt unterstelle dem Gesetzgeber, dass er dumm sei. »Sie legen die Rechtslage so aus, als gäbe es überhaupt keinen Anwendungsfall«, so ein Beisitzer.
Der Vorsitzende Richter übt auch deutliche Kritik am Gesetzgeber. Zwar seien die Vorschriften nicht »offen widersprüchlich«, bei genauerer Beschäftigung jedoch schon. Das habe man immer dann, wenn es »keine kohärente Regierungspolitik« gebe. Wie in den »ganzen Jahren der Großen Koalitionen«.
Dyroff hatte auch versucht, damit zu argumentieren, dass eine noch bis Ende 2024 laufende Sozialbindung wegen 1995 gewährter Fördermittel zusätzlich dafür sorgen würde, dass die Milieuschutzziele gesichert seien und so das Vorkaufsrecht nicht auszuüben sei. Schubert entgegnet, dass die erheblichen Mittel, die damals geflossen seien, das Anrecht auf die Ausübung eher noch stärkten. »Die herausgestellte besondere Schutzbedürftigkeit bei einst geförderten Häusern ist besonders positiv«, sagt Stadtrat Schmidt. Im Bezirk sei man bisher sehr unsicher gewesen, was solche Fälle betrifft. Der Rechtsweg ist noch nicht am Ende: Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht ist möglich.
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