Falsche Front
Die künftige Koalition in Rom gehört bekämpft - aber nicht wegen der Frührenten, meint Nelli Tügel
In Italien bildet sich eine Rechtsregierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung - es gäbe allerhand Grund, Alarm zu schlagen. Beispielsweise weil zukünftig Rassisten das Land mitlenken werden, eine konkrete Bedrohung für die vielen in Italien lebenden Migranten. Diesbezüglich blieb es in den vergangenen Tagen allerdings bemerkenswert still.
Dafür verbreitete sich an einer anderen Front im Handumdrehen Hysterie: Italiens Koalition in spe plane mit der Abkehr von der Rente mit 67 und der Einführung eines »Grundeinkommens« (das bei näherem Hinsehen dann doch nichts anderes ist als eine Art Hartz IV) angeblich ein irres Sozialprogramm auf dem Rücken anderer EU-Staaten, so der Zungenschlag. Der fatal an die »Faule Griechen«-Debatte erinnert. Die Rede davon, der deutsche Steuerzahler müsse wohl bald für »die Italiener« blechen, verschleiert den Anteil der deutschen Regierung an der EU-Misere. Und legt überdies nahe, was quasi spiegelbildlich auch Lega und Fünf Sterne ihren Wählern erzählen: dass Interessensgegensätze in der EU zwischen in sich harmonischen Nationen verliefen.
Mit großem Bohei haben die EU-Institutionen im November 2017 eine »Säule sozialer Rechte« verkündet. Maßnahmen, die eine Antwort auf Armut und existenzielle Nöte böten, enthält sie nicht, erst recht keine, die die Folgen jahrzehntelangen Neoliberalismus milderten. Eben dieser hat - nicht allein, aber auch - den Boden bereitet dafür, dass in Italien so erfolgreich gegen die EU Stimmung gemacht werden kann.
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