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Offene Fragen nach Beratung des Innenausschusses
FDP und AfD fordern Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses - Grüne und LINKE dagegen
Berlin. Auch nach den Beratungen des Bundestagsinnenausschusses zur sogenannten Bremer Asylaffäre bleiben noch viele Fragen zu den Vorgängen in der Hansestadt offen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nahm nach Angaben von Teilnehmern auf der mehrstündigen Sitzung ausführlich Stellung zu den Geschehnissen in der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sprach von einem bundesweit bislang einmaligen »Asylbetrug«.
Den Teilnehmerangaben zufolge äußerten sich Seehofer und BAMF-Chefin Jutta Cordt zunächst gut zwei Stunden lang in Stellungnahmen, bevor die Ausschussmitglieder Gelegenheit zu Fragen hatten.
Schuster sagte, der »Asylbetrug«, wie er sich in der Bremer BAMF-Außenstelle zugetragen habe, könne nicht auf das gesamte Bundesamt übertragen werden. Die Vorgänge in der Hansestadt bezeichnete er als »skandalös«. Im April war bekannt geworden, dass die Bremer BAMF-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll.
Es gebe allerdings auch andernorts bei der Behörde »Qualitätsdefizite«, was die Anwendung des Asylrechts betreffe, sagte Schuster. Er mahnte zudem gesetzgeberische Konsequenzen für den Ablauf der Asylverfahren an.
Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte, durch die Vorgänge in der Bremer Außenstelle sei das Vertrauen der Menschen in das bundesdeutsche Asylsystem »schwer erschüttert« worden. »Die Vorgänge konnten sich nur deshalb zu einem handfesten Skandal entwickeln, weil die Zentrale des BAMF Hinweise jahrelang ignoriert hat.«
Die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erhoben weiterhin nur FDP und AfD. Die Grünen äußerten sich erneut skeptisch zur möglichen Einsetzung eines solchen Gremiums.
Dadurch würde die Aufklärung der Affäre auf die Zeit nach der bayerischen Landtagswahl im Herbst verschoben, sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz. Verbesserungen bei der Arbeit des BAMF müsse es aber rasch geben
Ähnlich argumentierte die LINKEN-Innenexpertin Ulla Jelpke. Sie verwies auf den hohen Anteil von negativen Asylbescheiden, die von den Gerichten einkassiert würden. Die LINKEN-Parteivorsitzende Katja Kipping schrieb bei Twitter: »Beim BAMF geht es um 1.200 Fehlentscheidungen zu Gunsten von Geflüchteten. Zu UNgunsten gab es 37.000 Fehlentscheidungen. (Davon wurden 32.500 von Gerichten kassiert). Es wurden also 30 mal mehr Fehlentscheidung gegen Geflüchtete getroffen als für sie.«
Demgegenüber bekräftigten Vertreter von FDP und AfD ihre Forderung nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte, ein solches Format sei dazu geeignet, verloren gegangenes Vertrauen in die Asylpolitik wiederherzustellen.
Die Grünen-Flüchtlingsexpertin Luise Amtsberg sprach sich zunächst für weitere Sitzungen des Innenausschusses zu dem Thema aus. Dabei sollten der frühere BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise und Ex-Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) angehört werden, sagte sie.
Während sich insbesondere die Grünen zufrieden mit dem Auftritt Seehofers im Ausschuss zeigten, sprach der AfD-Vertreter Gottfried Curio »von einer einzigen Enttäuschung«. Es sei nicht klar geworden, warum den Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten nicht nachgegangen worden sei.
Curio zeigte sich überzeugt, dass es zu einem Untersuchungsausschuss kommen werde. Das für die Einsetzung nötige Quorum von 25 Prozent der Abgeordnete kommt allerdings auch rechnerisch durch FDP und AfD alleine nicht zustande.
Die Anhörung von Seehofer und Cordt vor dem Innenausschuss dauerte am Dienstagabend zunächst noch an. AFP/nd
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