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Titelvergabe per Münzwurf
Das Finale der Tischtennis-Bundesliga am Sonnabend könnte kurios enden
Online-Wettbüros bieten derzeit keine Quoten für das Finale um die deutsche Tischtennismeisterschaft an. Das interessiert offenbar kaum einen Spieler, dabei könnte die Vergabe des Titels bei den Frauen am Sonnabend zum reinen Glücksspiel werden. Dann treffen ab 18 Uhr in der Sporthalle der Grundschule »Am Mäuseturm« die Gastgeberinnen der TTG Bingen schon zum dritten Mal auf den SV DJK Kolbermoor. Die Finalserie hätte nach zwei Spielen schon erledigt sein können. Doch da Hin- und Rückspiel am vergangenen Wochenende jeweils mit 5:5 remis endeten, ist ein dritter Vergleich nötig. Gibt es dann wieder keinen Sieger, könnte unter Umständen sogar ein Münzwurf über die deutsche Meisterschaft entscheiden.
»Es ist wirklich alles sehr eng. Hier spielen zwei gleichwertige Mannschaften gegeneinander. Da wird es am Ende auf die Tagesform, die besseren Nerven und vielleicht auch auf etwas Glück ankommen«, sagt Bingens Vereinsvorsitzender Joachim Lautebach gegenüber »nd«. Mit den nahe beieinander liegenden Mannschaften hat er durchaus recht: Sie gewannen in den bisherigen Finalpartien nicht nur jeweils zehn Matches. Nach Sätzen steht es gerade einmal 41:39 für Kolbermoor. Die Bayerinnen führen auch nach kleinen Punkten knapp mit 788:781. Dass bei einem erneuten 5:5 diesmal die Bingenerinnen zwei Sätze und mickrige sieben Punkte mehr holen, ist nicht ausgeschlossen. »Egal wer dann beim Losentscheid verliert, es wäre sehr schade«, so Lautebach.
Diese Form der Siegerbestimmung ist übrigens keine Erfindung des Deutschen Tischtennis-Bunds. Der DTTB hat vielmehr die übliche Turnierregel des Weltverbands übernommen, die jedoch so gut wie nie Anwendung findet, weil ein Gleichstand nach Punkten, Sätzen und kleinen Punkten schon nach zehn Matches äußerst unwahrscheinlich ist, geschweige denn nach 30.
Ginge es nach Ding Yaping, hätte die Bundesliga an dem Format festgehalten, nach dem in ihrer ersten Saison in Deutschland gespielt wurde. Damals, 1993, erreichte sie mit der TSG Dülmen dreimal ein 7:7 gegen die Spielvereinigung Steinhagen. Am Ende entschied die bessere Platzierung in der Vorrunde gegen Ding und Dülmen. Von einer solchen Regelung würde sie heute aber profitieren, denn Bingen war über die gesamte Saison hinweg das beste Team der Liga, Kolbermoor nur Dritter.
Mittlerweile ist die gebürtige Chinesin 51 Jahre alt, längst eingebürgert worden und noch immer in der Bundesliga aktiv. An die Finalserie vor 25 Jahren erinnert sie sich noch genau. »Steinhagen hat kurzfristig Jie Schöpp eingebürgert. Somit konnten sie noch eine Ausländerin mehr einsetzen, und Schöpp war so gut, dass sie immer automatisch zwei Punkte holte«, erzählt Ding. »Die zweite Chinesin, Geng Lijuan, die damals schon für Kanada spielte, konnte ich zwar noch schlagen, aber dann verlor ich leider gegen Nicole Struse.« Ding sollte später doch noch dreimal die deutsche Mannschaftsmeisterschaft gewinnen; Jie Schöpp wurde erfolgreiche deutsche Bundestrainerin. Steinhagens Manager aber soll mit ihrem Einsatz damals gegen vorherige Absprachen verstoßen haben, die Meisterschaft 1993 bekam somit einen sehr bitteren Nachgeschmack.
Ganz im Gegensatz zu den Titelkämpfen der letzten Jahre. Die waren eher langweilig. Der ttc eastside Berlin gewann viermal in Serie mit großem Vorsprung die Meisterschaft, weshalb die Liga nun wieder Playoffs eingeführt hat. Gepaart mit mehreren schwangerschaftsbedingten Ausfällen bei den Berlinerinnen, erfüllte sich der Wunsch nach mehr Spannung sofort. Und sie könnte mit einem Münzwurf am Sonnabend ihren absoluten Höhepunkt erreichen. »Ich halte es immer noch für unwahrscheinlich, dass es überhaupt so weit kommt«, sagt Ding. »Wenn aber doch, wäre es echt schade, denn der erste Platz in der Vorrunde bringt uns diesmal leider keinen Vorteil mehr.« Wer am Ende (sportlich) gewinnt, vermag Ding Yaping nicht vorauszusagen. »Das wird wieder sehr knapp und eine Sache der Nerven.« Wetten würde sie jedenfalls keine abschließen.
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