Werbung

Vielfältige Proteste gegen Nazikonzert angekündigt

Das Festival von Neonazis darf doch stattfinden - dagegen formiert sich zahlreicher Widerstand

  • Lesedauer: 3 Min.

Themar. Auch die Braunkehlchen, Schlagschwirl und Bekassine konnten das Nazi-Fest in Themar nicht mehr verhindern. Für den Bürgermeister des Ortes, Hubert Böse (parteilos), waren die seltenen Vögel die letzte Hoffnung, die rechte Szene aus der Stadt fernzuhalten: Weil das für Freitag und Samstag geplante Konzert die Tiere bei der Aufzucht ihrer Jungen stören könnte, hatte es der Landkreis Hildburghausen zunächst verboten. Doch der Veranstalter wehrte sich juristisch dagegen.

Am Mittwochabend dann die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Weimar: Es wies eine am selben Tag eingelegte Beschwerde des Landkreises endgültig zurück – das Festival kann stattfinden. »Ich muss es wohl über mich ergehen lassen und etwas dafür tun, dass nicht zu viel von dieser Schande an Themar hängen bleibt«, so Bürgermeister Böse.

Nazi-Konzerte als Geschäftsmodell
Zahl der Rechtsrock-Veranstaltungen im vergangenen Jahr gestiegen

Doch gegen das rechte Festival regt sich Protest. Mit »Tagen der Weltoffenheit« will ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis ein deutliches Zeichen gegen das Rechtsrockkonzert setzen. Bereits am Freitag wird ab 19 Uhr zum Friedensgottesdienst in die Stadtkirche eingeladen, teilte das Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra auf seiner Webseite mit. Ab 20 Uhr ist dann auf dem Kirchplatz eine Demonstration unter der Überschrift »Themar braucht dich! - Weltoffenheit, Mitmenschlichkeit und Demokratie verteidigen!« geplant.

Die Proteste sollen den ganzen Samstag über fortgesetzt werden. Dabei wird unter anderem mit einer Protestmeile zum »Ge(h)denken« an die Opfer rechtsextremistischer Tötungsdelikte aufgerufen.

Man hoffe auf mindestens 800 Unterstützerinnen und Unterstützer vor Ort, sagte Thomas Jakob, Mitorganisator der »Tage der Weltoffenheit«: »Wir wollen zeigen, dass Widerstand in Themar möglich ist.« In einem offenen Brief rief das Bündnis darüber hinaus Hoteliers, Gastronomen und Campingplatzbetreiber dazu auf, Rechten keine Unterkunft anzubieten.

Außer dem lokalen Bündnis haben zahlreiche Parteien und Initiativen zum Protest aufgerufen. Landespolitiker forderten die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, die »Tage der Weltoffenheit« zu unterstützen. Die LINKE-Abgeordnete Katharina König-Preuss kündigte an, mit einer parlamentarischen Beobachtungsgruppe in Themar dabei zu sein. Sie forderte die Thüringerinnen und Thüringer auf, Busse und Fahrgemeinschaften zu organisieren, um möglichst viele Menschen zu den Gegenprotesten nach Südthüringen zu bringen. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte, er habe bei seiner Partei dafür geworben, mit einem gemeinsamen Bus zu den Protesten nach Themar anzureisen.

Die Grünen-Landessprecherin Stephanie Erben forderte die Polizei auf, Rechtsbrüche während des Konzerts konsequent zu verfolgen. »Die Polizei muss bei Rechtsrockkonzerten in der Lage sein, bei strafrechtlichen Handlungen und Verstößen gegen die behördlichen Auflagen entschieden vorgehen zu können«, teilte Erben mit. Dazu gehöre in letzter Konsequenz auch die sofortige Auflösung der Versammlung. Im vergangenen Jahr hatte es Kritik gegeben, dass angesichts der großen Teilnehmerzahl bei den Neonazis zu wenige Einsatzkräfte vor Ort gewesen seien.

Am Wochenende sollen in Themar die rechtsextremen »Tage der nationalen Bewegung« stattfinden. Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus rechnet dabei mit etwa 1.000 Teilnehmern. Bereits im vergangenen Jahr war der kleine Ort Schauplatz von Rechtsrockkonzerten mit Tausenden Neonazis geworden. nd mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -